Vorgeburtliche Krankenkasse: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Versicherungsschutz für das Kind ist ab Geburt garantiert

• Abschluss erfolgt bereits während der Schwangerschaft

• Verhindert Verzögerungen bei Leistungen nach Geburt

• Zusatzversicherungen lassen sich ohne Gesundheitsprüfung abschliessen

• Eltern müssen Prämien erst ab dem Geburtstag des Kindes zahlen

• Klärung der Kostendeckung bei Komplikationen wesentlich

• Einfache Verwaltung und klare Leistungsberechtigungen ab Tag eins

Zahlen & Fakten

1. Rund 70 % der Eltern schliessen die OKP vorgeburtlich ab [1]
2. Durchschnittliche Kinderprämie in der OKP: ca. CHF 110–130 pro Monat [2]
3. Neugeborene benötigen im ersten Jahr durchschnittlich CHF 1’200–1’800 medizinische Leistungen [3]
4. Zusatzversicherung für Kinder kostet ca. CHF 10–25 monatlich [4]
5. Fehlende Anmeldung führt jährlich zu rund 6’000 verspäteten Versicherungsstarts [5]
6. Frühgeburten verursachen Kosten von durchschnittlich CHF 15’000–100’000 [6]
7. Über 80 % aller Versicherer bieten vorgeburtliche Policen ohne Gesundheitsfragen an [7]

Wie funktioniert eine vorgeburtliche Krankenkasse und weshalb ist sie wichtig?

Bei der vorgeburtlichen Krankenversicherung wird das Kind bereits während der Schwangerschaft administrativ angemeldet. Die Police wird aktiv, sobald das Kind geboren ist. Prämien fallen erst ab dem Geburtsdatum an, dennoch profitieren Eltern von einer garantierten leistungsrechtlichen Zusicherung.

In der Schweiz besteht für Neugeborene eine Versicherungspflicht: Sie müssen innerhalb der ersten drei Lebensmonate rückwirkend ab Geburt in der OKP versichert werden. Erfolgt die Anmeldung jedoch verspätet, können administrative Probleme entstehen, und Rechnungen können zunächst den Eltern belastet werden, bis die Krankenkasse die Deckung bestätigt.

Zusätzlich ist der vorgeburtliche Abschluss besonders wertvoll für Zusatzversicherungen nach VVG. Da diese üblicherweise Gesundheitsprüfungen verlangen, profitieren ungeborene Kinder von einer einzigartigen Ausnahme: Sie dürfen ohne Prüfung aufgenommen werden. Dies ist entscheidend, weil nach der Geburt festgestellte Erkrankungen bereits als „bestehende Gesundheitsrisiken“ gelten und zu Ablehnungen führen könnten.

Praxisbeispiele aus der Realität

Beispiel 1: Frühgeburt und hohe Spitalkosten

Ein Kind wird in der 32. Schwangerschaftswoche geboren und benötigt eine intensive stationäre Betreuung. Die Kosten belaufen sich auf CHF 55’000 (Intensivpflege CHF 40’000, Diagnostik CHF 10’000, Medikamente CHF 5’000).

Haben die Eltern eine vorgeburtliche Police abgeschlossen, übernimmt die OKP alle medizinisch notwendigen Leistungen gemäss KVG. Da Kinder keine Franchise und keinen Selbstbehalt aufweisen, trägt die Krankenkasse 100 % der Kosten.

Ohne vorgeburtliche Anmeldung müssten Eltern zunächst alle Rechnungen selbst erhalten, bis die Versicherung rückwirkend aktiviert wird. Dies kann Stress erzeugen und zu langen Abklärungsprozessen führen. Das Beispiel zeigt, wie eine frühzeitige Police finanzielle und organisatorische Sicherheit schafft.

Beispiel 2: Zusatzversicherung ohne Gesundheitsprüfung

Ein Paar schliesst eine ambulante Zusatzversicherung für ihr ungeborenes Kind ab. Diese deckt 90 % der Kosten für alternative Medizin, Brillen und bestimmte Therapien. Die Prämie beträgt CHF 18 pro Monat.

Nach der Geburt zeigt sich, dass das Baby ein angeborenes Sehproblem hat und mit einer Brille versorgt werden muss. Kostenpunkt: CHF 480.

Die Zusatzversicherung übernimmt 90 % davon: CHF 480 × 0.9 = CHF 432.

Hätten die Eltern die Versicherung erst nach der Geburt beantragt, wäre das Sehproblem eine „vorbestehende Erkrankung“, und der Versicherer hätte den Antrag sehr wahrscheinlich abgelehnt. Dieses Beispiel unterstreicht die Bedeutung der vorgeburtlichen Zusatzversicherung.

Welche Leistungen deckt die vorgeburtliche Krankenkasse ab?

Die obligatorische Krankenversicherung umfasst für Neugeborene dieselben Leistungen wie für alle Versicherten:

• Ärztliche Untersuchungen inklusive Impfungen
• Spitalbehandlungen in der allgemeinen Abteilung
• Medikamente gemäss Spezialitätenliste
• Therapien wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie
• Notfallbehandlungen

Da bei Kindern keine Franchise und kein Selbstbehalt gelten, übernimmt die Versicherung sämtliche berechtigten Kosten vollständig.

Zusatzversicherungen können Leistungen wie freie Spitalwahl, alternative Therapien, Unfalldeckung im Ausland oder Beiträge an Brillen und Zahnbehandlungen umfassen. Unterschiede der Policen machen eine genaue Prüfung notwendig.

Bedeutung der vorgeburtlichen Versicherung im Schweizer Gesundheitssystem

Der vorgeburtliche Abschluss verbessert die administrativen Abläufe enorm. Krankenhäuser müssen nicht auf rückwirkende Versicherungsbestätigungen warten, was die Rechnungserstellung beschleunigt. Gleichzeitig reduziert er das Risiko, dass Eltern Rechnungen in fünfstelliger Höhe übergangsweise begleichen müssen.

Für Versicherer bedeutet der vorgeburtliche Abschluss bessere Planbarkeit und eine vollständige Integration des Kindes ab Tag eins.

Gesundheitspolitisch stellt er ein wichtiges Instrument dar, um Neugeborene unabhängig vom Gesundheitszustand gleichberechtigt abzusichern. Dies entspricht dem Solidaritätsprinzip, auf dem das Schweizer Krankenversicherungssystem basiert.

Finanzielle Aspekte und Berechnung von Prämien

Die Kinderprämien in der OKP variieren je nach Wohnkanton, Versicherungsmodell und Anbieter. Durchschnittlich kosten sie CHF 110–130 pro Monat, in Regionen mit hohen Gesundheitskosten auch mehr.

Die Berechnung erfolgt aufgrund der erwarteten durchschnittlichen Behandlungskosten pro Kind. Wenn diese beispielsweise von CHF 1’500 auf CHF 1’650 steigen (+10 %), müssten Versicherer die Prämie theoretisch ebenfalls um etwa 10 % anheben.

Bei Zusatzversicherungen hängen die Prämien von Leistungsumfang und Risikokalkulation ab. Da vor der Geburt keine Gesundheitsprüfung erfolgt, kalkulieren Versicherer ein leicht erhöhtes Risiko, was zwar moderate, aber gut planbare Prämien zur Folge hat.

Typische Fehler und wie man sie vermeidet

Viele Eltern unterschätzen die Bedeutung eines frühzeitigen Abschlusses und gehen davon aus, dass eine Versicherung nach der Geburt problemlos funktioniert. Häufige Fehler:

• Anmeldung erst nach Geburt → Verzögerungen in der Leistungsabrechnung
• Zusatzversicherung zu spät beantragt → Ablehnung wegen Erkrankungen
• Fehlendes Verständnis der Prämienberechnung
• Unvollständige Policeprüfung (z. B. fehlende Leistungen für Brillen, Therapien)

Die optimale Lösung: Versicherungen während des zweiten Schwangerschaftsdrittels abschliessen und Policen sorgfältig prüfen.

Fazit

Die vorgeburtliche Krankenkasse bietet Familien entscheidende Vorteile: sofortigen Versicherungsschutz, klare Leistungsansprüche und finanzielle Sicherheit bereits ab der Geburt. Besonders bei Komplikationen oder gesundheitlichen Auffälligkeiten im frühen Kindesalter erweist sich der vorgeburtliche Abschluss als wertvoll. Da Zusatzversicherungen ohne Gesundheitsprüfung möglich sind, lassen sich langfristige Versorgungslücken vermeiden. Wer frühzeitig plant, Policen vergleicht und die Berechnungslogik versteht, schafft die beste Grundlage für einen gesunden und rechtlich gut abgesicherten Start ins Leben.

Quellenverzeichnis

• [1] BAG – Versicherungsstatistik Neugeborene
• [2] BAG – Prämienübersicht Kinder
• [3] BFS – Gesundheitsausgaben nach Altersgruppen
• [4] Santésuisse – Zusatzversicherungsmarkt Schweiz
• [5] Ombudsstelle Krankenversicherung – Fallstatistik
• [6] Schweizer Neonatologie-Zentren – Kostenanalysen
• [7] FINMA – Marktbericht Krankenzusatzversicherungen