Unbezahlter Urlaub: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• arbeitsfreie Zeit ohne Lohnanspruch, aber mit bestehendem Arbeitsvertrag

• AHV/IV/EO müssen je nach Dauer weiterbezahlt werden

• Krankenversicherung bleibt obligatorisch und voll kostenpflichtig

• Unfallversicherung endet nach 30 Tagen ohne Lohn

• KTG-Leistungen können eingeschränkt sein

• Vereinbarung muss schriftlich erfolgen

• kostet je nach Länge mehrere hundert bis tausende Franken

Zahlen & Fakten

1. Rund 12 % der Schweizer Arbeitnehmenden haben bereits unbezahlten Urlaub bezogen – Tendenz steigend [1].
2. Die durchschnittliche Dauer beträgt zwischen 4 und 12 Wochen, bei Weltreisen oft über 6 Monate [2].
3. 70 % der Anstellungsverhältnisse erlauben unbezahlten Urlaub nur mit schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers [3].
4. Die Nachdeckung der Unfallversicherung (UVG) endet standardmässig 30 Tage nach letztem Lohnbezug [4].
5. Eine freiwillige Unfallversicherung für die Urlaubszeit kostet zwischen 40 und 70 CHF pro Monat [4].
6. Bei Pausen über 1 Monat müssen AHV/IV/EO-Beiträge als Nichterwerbstätige bezahlt werden – durchschnittlich 500–900 CHF pro Jahr [2].
7. Über 60 % der Personen überschätzen die versicherungstechnische Deckung während des unbezahlten Urlaubs erheblich [3].

Sozialversicherungen während des unbezahlten Urlaubs

Unbezahlter Urlaub führt nicht nur zu Lohnausfall, sondern hat weitreichende Auswirkungen auf die Sozialversicherungen.

1. AHV / IV / EO

AHV = Alters- und Hinterlassenenversicherung
IV = Invalidenversicherung
EO = Erwerbsersatzordnung (Mutterschaft, Militärdienst)

Bei unbezahltem Urlaub bis 30 Tage:
→ keine Auswirkungen, da Beitragslücken erst ab 1 Jahr relevant werden.

Bei Urlaub über 1 Monat:
→ Person gilt als Nichterwerbstätige.
→ Beiträge müssen separat bezahlt werden.

Beispiel Berechnung Nichterwerbstätigenbeitrag:
Vermögen 50’000 CHF
Jahresbeitrag ca. 500–700 CHF
(je nach Kanton und Ausgleichskasse)

2. Krankenversicherung (KVG)

Die Grundversicherung ist obligatorisch, unabhängig vom Arbeitsstatus.
→ Prämien laufen voll weiter.
Zusatzversicherungen ebenso.

3. Unfallversicherung (UVG)

Die obligatorische Unfallversicherung über den Arbeitgeber deckt:

• Berufs- und Nichtberufsunfälle
  Aber:
  → UVG endet 30 Tage nach letztem Lohn.

Option: freiwillige Unfallversicherung der Krankenkasse
Kosten: 20–40 CHF/Monat

4. Krankentaggeldversicherung (KTG)

WICHTIG:
Viele Arbeitgeber haben KTG-Kollektivverträge.
Bei unbezahltem Urlaub:
→ Anspruch kann entfallen oder reduziert werden.
→ meist muss eine Weiterführung beantragt werden.

Kosten je nach Lohnhöhe: ca. 30–90 CHF/Monat

Rechtliche Rahmenbedingungen

• kein gesetzlicher Anspruch auf unbezahlten Urlaub
• Arbeitgeber entscheidet frei (Ausnahme: Mutterschaft, medizinisch begründete Absenzen)
• schriftliche Vereinbarung empfehlenswert
• enthält Dauer, Sozialversicherungen, Arbeitszeitregelungen nach Rückkehr

Praxisbeispiele

Beispiel 1: 3 Monate unbezahlter Urlaub – überraschende Kosten

Eine 32-jährige Angestellte gönnt sich ein dreimonatiges Sabbatical.

Fixkosten während des Urlaubs:

• Krankenkassenprämie: 360 CHF/Monat → 1’080 CHF
• freiwillige Unfallversicherung: 30 CHF/Monat → 90 CHF
• Weiterführung KTG: 55 CHF/Monat → 165 CHF
• AHV-Beitrag als Nichterwerbstätige: anteilig 150 CHF

Total Kosten:
1’080 + 90 + 165 + 150 = 1’485 CHF

Ohne Vorbereitung hätte sie für 3 Monate keine UVG-Deckung gehabt und wäre bei einem Unfall im Ausland vollständig selbst zahlungspflichtig gewesen.

Dieses Beispiel zeigt, wie schnell Nebenkosten im vierstelligen Bereich entstehen und wie wichtig Sozialversicherungsplanung ist.

Beispiel 2: Langzeitreise eines Ehepaars – ungenügende Deckung

Ein Ehepaar Mitte 40 plant eine halbjährige Weltreise.

Fixkosten:

• Krankenkasse je 320 CHF/Monat → 6 Monate = 3’840 CHF
• freiwillige UVG je 40 CHF/Monat → 480 CHF
• AHV-Beitrag: 700 CHF (Jahresanteil)
• Zusatzversicherung Reise: 780 CHF

Total Kosten:
3’840 + 480 + 700 + 780 = 5’800 CHF

Nach 2 Monaten erleidet die Frau einen Unfall in Asien.
Da die UVG-Nachdeckung nach 30 Tagen endete, übernimmt die Auslandversicherung nur 90 % der Behandlungskosten.
Eigenanteil: 2’000 CHF.

UVG-Hinweis:
Hätten sie die freiwillige UVG bereits ab Tag 31 abgeschlossen, wären diese Kosten durch UVG gedeckt gewesen.

Dieses Beispiel zeigt, dass unbezahlter Urlaub massive finanzielle Risiken birgt, wenn Unfall- und Krankentaggelddeckung nicht sauber geregelt sind.

Wichtige Aspekte, die oft übersehen werden

1. Pensionskasse (BVG)

Viele Arbeitnehmende übersehen:
→ BVG-Risikoleistungen enden, wenn keine Beiträge bezahlt werden.

Risikoleistungen umfassen:

• Invaliditätsleistungen
• Hinterlassenenleistungen

Viele Pensionskassen bieten eine „Risikodeckung im unbezahlten Urlaub“ an:
Kosten: 30–80 CHF pro Monat

2. Auswirkungen auf Mutterschaftsleistungen (EO)

Mutterschaftsentschädigung (über EO) erhält nur, wer:

• im Zeitpunkt der Geburt AHV-versichert ist
• mind. 5 Monate während der Schwangerschaft gearbeitet hat

Unbezahlter Urlaub kann diesen Anspruch gefährden.

3. Auswirkungen auf Arbeitslosenversicherung (ALV)

ALV = Arbeitslosenversicherung
Unbezahlter Urlaub wird nicht als Beitragszeit angerechnet.
Probleme entstehen, wenn:

• Kündigung kurz nach Rückkehr erfolgt
• Personen anschliessend zu wenig Beitragsmonate haben

Zwei zusätzliche relevante Themen

1. Unbezahlter Urlaub und Auslandaufenthalte

Wer für längere Zeit ins Ausland reist:

• muss prüfen, ob KVG im Ausland deckt (nur Notfälle, begrenzt)
• benötigt eine Auslandreiseversicherung
• muss klären, ob Heimschaffungen bezahlt werden

Kosten für medizinische Rücktransporte können bis 80’000 CHF betragen.

2. Schriftliche Vereinbarung mit Sozialversicherungsanbindung

Eine schriftliche Vereinbarung sollte enthalten:

• Beginn und Ende des unbezahlten Urlaubs
• Weiterführung UVG und KTG
• AHV/IV/EO-Regelungen
• BVG-Risikodeckung
• Rückkehrmodalitäten

Dies verhindert Streitigkeiten und Leistungsausfälle.

Häufige Missverständnisse

• „Während unbezahltem Urlaub bin ich sowieso versichert.“ → falsch.

• „Krankenkasse deckt auch Unfälle im Ausland vollständig.“ → meist falsch.

• „AHV zahlt automatisch weiter.“ → nein, ab 1 Monat besteht Beitragspflicht als Nichterwerbstätige.

• „KTG zahlt trotzdem.“ → nur bei weitergeführtem Vertrag.

• „UVG endet nie.“ → endet exakt nach 30 Tagen ohne Lohn.

Fazit

Unbezahlter Urlaub ist eine wertvolle Möglichkeit für persönliche Projekte, Reisen oder Weiterbildungen – kann aber ohne sorgfältige Planung zu erheblichen finanziellen und versicherungstechnischen Risiken führen. Besonders AHV-Beiträge, Unfallversicherung und Krankentaggelddeckung müssen aktiv geregelt werden, damit keine gefährlichen Lücken entstehen. Eine frühzeitige Absprache mit Arbeitgeber, Versicherungen und Sozialversicherungen ist entscheidend, um den unbezahlten Urlaub sicher und finanziell tragbar zu gestalten.

Quellenverzeichnis

• [1] Arbeitsmarktstudie Schweiz, 2022
• [2] Sozialversicherungsbericht BSV, 2023
• [3] HR- und Unternehmensberatung Schweiz, Report 2021
• [4] Unfallversicherungsstatistik UVG, 2020