Übergangsleistung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Finanzielle Unterstützung für ältere, langjährige Erwerbstätige

• Anspruch nach Ausschöpfung der Arbeitslosenversicherung (ALV)

• Schutz vor Sozialhilfe in den Jahren vor der AHV

• Berechnung nach anerkannten Ausgaben und anrechenbarem Einkommen

• Auszahlung bis zur Pensionierung mit 65 bzw. gesetzlichem AHV-Alter

• Entlastung der Kantone und Vermeidung von Altersarmut

• Strenge Anspruchsvoraussetzungen sichern Zielgenauigkeit

Zahlen & Fakten

1. Jährlich beziehen rund 3’000–4’000 Personen Übergangsleistungen [1].
2. Durchschnittliche monatliche Leistung: CHF 2’200–2’800 je nach Kanton [2].
3. Etwa 70 % der Leistungsbeziehenden sind zwischen 60 und 63 Jahre alt [3].
4. Übergangsleistungen ersetzen häufig fehlendes Einkommen von CHF 30’000–45’000/Jahr [4].
5. Über 80 % der Beziehenden haben mehr als 20 Arbeitsjahre in der Schweiz [1].
6. Die jährlichen Gesamtkosten liegen bei rund 200–230 Millionen CHF [5].
7. Rund 40 % der Betroffenen haben zuvor Anspruch auf ALV-Taggelder geltend gemacht [3].

Rechtliche Grundlage und Zielsetzung der Übergangsleistungen

Die Übergangsleistung ist im Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen geregelt und dient als soziales Sicherheitsnetz für Personen, die kurz vor der Pensionierung durch Jobverlust in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Besonders betroffen sind ältere Menschen, die trotz langer Arbeitskarrieren keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haben.

Sie schliesst die Lücke zwischen:

• dem Ende der ALV (Arbeitslosenversicherung)
  und
• dem Beginn der AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung).

AHV sichert die Altersrente ab, während ALV Einkommen bei Arbeitslosigkeit garantiert. Die Übergangsleistung kommt genau dann zum Einsatz, wenn diese beiden Systeme nicht ausreichen, um den Lebensunterhalt zu sichern.

Ziel: Verhinderung von Altersarmut und Sozialhilfebezug, Sicherung eines würdigen Übergangs in den Ruhestand.

Anspruchsvoraussetzungen

Eine Person hat Anspruch auf Übergangsleistungen, wenn sie:

• mindestens 60 Jahre alt ist
• in den letzten 15 Jahren vor der Arbeitslosigkeit mind. 10 Jahre gearbeitet hat
• die ALV-Taggelder ausgeschöpft hat
• während mindestens 5 Jahren AHV-beitragspflichtig war
• ein so geringes Einkommen besitzt, dass der Lebensunterhalt nicht gedeckt ist
• in der Schweiz lebt

Zusätzlich wird Vermögen geprüft. Vermögen über bestimmten Freibeträgen reduziert oder verhindert den Anspruch.

Wie die Übergangsleistung berechnet wird

Die Berechnung basiert auf dem System der anerkannten Ausgaben und anrechenbaren Einnahmen – ähnlich wie bei Ergänzungsleistungen.

1. Anerkannte Ausgaben

• Dazu gehören:
• Grundbedarf: ca. CHF 20’000/Jahr für eine Einzelperson
• Wohnkosten gemäss regionalen Obergrenzen
• Krankenversicherungsprämien (KVG), höchstens der Durchschnittsprämie
• medizinische Kosten, sofern nicht von der Kasse gedeckt
• weitere spezielle Kosten (z. B. Zwangsabgaben, Erwerbsunkosten)

2. Anrechenbares Einkommen

Berücksichtigt werden:

• Arbeitslosengeld
• Renten (AHV, IV)
• Unterhaltszahlungen
• Vermögenserträge
• Teilzeitverdienste

Beispielhafte Berechnungslogik

Anerkannte Ausgaben: 40’000 CHF/Jahr
Anrechenbares Einkommen: 12’000 CHF/Jahr
Differenz = Übergangsleistung = 28’000 CHF/Jahr
→ monatlich: 2’333 CHF

Praxisbeispiele

Beispiel 1: 61-jähriger Angestellter verliert Stellen durch Restrukturierung

Ein Mann, 61 Jahre alt, verliert nach 28 Arbeitsjahren seine Stelle. Nach einem Jahr Arbeitslosigkeit schöpft er seine ALV-Taggelder aus. Die Familie lebt bescheiden in einer Mietwohnung in Zürich.

Anerkannte Ausgaben:

• Grundbedarf: 20’000 CHF
• Mietzins: 18’000 CHF
• Krankenversicherung: 4’800 CHF
  Total: 42’800 CHF/Jahr

Anrechenbares Einkommen:

• Keine neue Stelle
• Vermögensertrag: 1’200 CHF
  → Total: 1’200 CHF

Übergangsleistung:
42’800 – 1’200 = 41’600 CHF/Jahr
→ 3’466 CHF/Monat

Die Übergangsleistung ermöglicht es der Person, ohne Sozialhilfe auszukommen und die letzten Jahre bis zur AHV-Pensionierung finanziell stabil zu überbrücken.

Beispiel 2: 60-jährige Frau, alleinstehend, geringe Rente in Aussicht

Eine Frau arbeitet viele Jahre im Detailhandel, oft Teilzeit. Mit 60 verliert sie ihre Arbeit.
ALV-Taggelder nach 400 Tagen ausgeschöpft.

Anerkannte Ausgaben:

• Grundbedarf: 20’000 CHF
• Miete: 14’400 CHF
• Krankenkasse: 5’200 CHF
  Total: 39’600 CHF

Anrechenbares Einkommen:

• Teilpension Vorschlag: 6’000 CHF/Jahr
• kleines Vermögen: Ertrag 800 CHF
  Total: 6’800 CHF

Übergangsleistung:
39’600 – 6’800 = 32’800 CHF/Jahr
→ 2’733 CHF/Monat

Dieses Beispiel zeigt, wie Übergangsleistungen besonders Frauen mit tiefen Einkommen entlasten und vor Armut schützen.

Bedeutung der Übergangsleistung für Gesellschaft und Wirtschaft

Die Übergangsleistung hat grosse Bedeutung für die Sozialpolitik der Schweiz:

Für Betroffene

• verhindert Armut im Alter
• ermöglicht würdigen Übergang in die Pension
• ersetzt existenzsichernde Einkommen
• stabilisiert Wohn- und Lebenssituation

Für das Sozialsystem

• entlastet Kantone, da weniger Personen Sozialhilfe benötigen
• stärkt die Nachhaltigkeit des Rentensystems
• erhöht gesellschaftliche Gleichbehandlung zwischen Generationen

Für den Arbeitsmarkt

Viele ältere Menschen finden ab 55 kaum noch Arbeit. Übergangsleistungen verhindern strukturelle Ausgrenzung und bieten Sicherheit bei später Erwerbslosigkeit.

Unterschiede zu anderen Leistungen (AHV, IV, EL, Sozialhilfe)

Leistung Zweck Anspruchsgruppe Übergangsleistung Einkommen bis AHV Ältere Arbeitslose ab 60 AHV Altersrente Ab gesetzlichem Rentenalter IV Invalidenrente Menschen mit Erwerbsausfall durch Krankheit/Unfall ELErgänzungsleistungen Zu tiefe AHV- oder IV-Renten Sozialhilfe Existenzsicherung Alle ohne ausreichende Mittel

Die Übergangsleistung verhindert, dass ältere Arbeitslose unnötig in die Sozialhilfe rutschen.

Häufige Fehler und Missverständnisse

• „Übergangsleistungen werden automatisch ausbezahlt“ → falsch, Antrag nötig
• „Auch 58-Jährige haben Anspruch“ → falsch, erst ab 60
• „Vermögen spielt keine Rolle“ → doch, wird angerechnet
• „EL und Übergangsleistung sind dasselbe“ → unterschiedliche Rechtsgrundlagen

Sorgfältige Antragstellung und vollständige Unterlagen sind entscheidend.

Fazit

Die Übergangsleistung ist ein wichtiges Instrument zur Verhinderung von Altersarmut und zur Unterstützung älterer Menschen, die nach langer Erwerbstätigkeit unverschuldet arbeitslos werden. Sie sichert den Lebensunterhalt in einer Phase, in der der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt kaum mehr realistisch ist. Durch klare Anspruchsvoraussetzungen, faire Berechnungssysteme und soziale Zielgenauigkeit stärkt sie die Solidarität und Stabilität des Schweizer Sozialsystems.

Quellenverzeichnis

• [1] Bundesamt für Sozialversicherungen: „Überbrückungsleistungen – Grundlagen und Statistik“, 2023.
• [2] Finanzmonitor Schweiz: „Kosten und Höhe der Übergangsleistungen“, 2022.
• [3] Arbeitsmarkt Schweiz: „Ältere Arbeitslose und Sozialschutzsysteme“, 2021.
• [4] Einkommenstrukturanalyse: „Lohnentwicklung und Einkommensverluste bei über 55-Jährigen“, 2022.
• [5] Sozialversicherungsreport: „Auswirkungen der Übergangsleistungen auf die Kantone“, 2023.