Stationäre Leistungen: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Medizinische Behandlung mit mindestens einer Spitalübernachtung

• Kostenübernahme durch KVG im Wohnkanton garantiert

• Tarifierung über SwissDRG-Pauschalen statt Einzelleistungen

• Enthält Operationen, Pflege, Diagnostik und Medikamente

• Patienten zahlen nur Spitalbeitrag plus Franchise/Selbstbehalt

• Auswahl des Spitals beeinflusst Kostenübernahme

• Stationäre Versorgung bildet das Rückgrat schwerer Behandlungen

Zahlen & Fakten

1. Jährlich finden in der Schweiz über 1,2 Millionen stationäre Hospitalisationen statt [1].
2. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer beträgt 5,2 Tage [2].
3. Eine stationäre Behandlung verursacht durchschnittliche Kosten von CHF 10’000–15’000 [3].
4. SwissDRG umfasst über 1’200 Fallgruppen, die Behandlungen pauschal vergüten [4].
5. Der gesetzliche Spitalbeitrag beträgt CHF 15 pro Tag (Erwachsene) [2].
6. Über 85 % der stationären Leistungen werden im Wohnkanton behandelt [3].
7. Rund 30 % aller Gesundheitskosten in der Schweiz entfallen auf stationäre Versorgung [1].

Rechtliche Grundlage und Bedeutung stationärer Leistungen

Stationäre Leistungen sind in der Schweiz klar über das Krankenversicherungsgesetz (KVG) geregelt. Jede Person hat Anspruch auf stationäre Behandlung im Wohnkanton und in allen Spitälern, die auf der kantonalen Spitalliste stehen.

Die Kosten werden zwischen:

• Kantonen (mind. 55 %) und
• Krankenkassen (max. 45 %)

aufgeteilt. Versicherte selbst zahlen nur:

• Jahresfranchise
• Selbstbehalt von 10 %
• Spitalbeitrag von 15 CHF pro Tag

Stationäre Leistungen sind damit ein solidarisch finanziertes Kernelement des Schweizer Gesundheitssystems.

SwissDRG (Swiss Diagnosis Related Groups) vergütet stationäre Leistungen pauschal, basierend auf Diagnose, Schweregrad und Aufwand – nicht pro Minute oder pro Einzelposition.

Wie stationäre Leistungen vergütet werden – SwissDRG einfach erklärt

SwissDRG ist ein Fallpauschalensystem. Das bedeutet:
Nicht jede einzelne Leistung wird verrechnet – es gibt eine Pauschale pro Fall.

Berechnungslogik

Kosten = Basispreis des Spitals × Schweregrad (Cost Weight)

Beispiel:

• Cost Weight: 1.35
• Basispreis Spital Zürich: 11’200 CHF
  → Kosten = 1.35 × 11’200 = 15’120 CHF

Der Kanton übernimmt mindestens 55 %:
→ 55 % von 15’120 = 8’316 CHF

Die Krankenversicherung übernimmt 45 %:
→ 45 % von 15’120 = 6’804 CHF

Versicherte zahlen nur Franchise & Selbstbehalt plus Spitalbeitrag.

Beispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Blinddarmoperation (Appendektomie)

Eine 32-jährige Patientin wird wegen akuten Bauchschmerzen notfallmässig ins Spital eingeliefert. Diagnose: akute Appendizitis.
SwissDRG-Fall: G09B
Cost Weight: 0.85
Basispreis: 11’000 CHF
→ 0.85 × 11’000 = 9’350 CHF

Kostenaufteilung:

• Kanton (55 %): 5’142.50 CHF
• Krankenkasse (45 %): 4’207.50 CHF

Eigenanteil Patientin:

• Franchise: 500 CHF
• Selbstbehalt (max. 700 CHF pro Jahr): 10 % von 8’850 CHF = 885 CHF, gedeckelt auf 700 CHF
• Spitalbeitrag: 3 Tage × 15 CHF = 45 CHF

Total Eigenkosten:
500 + 700 + 45 = 1’245 CHF

Dieses Beispiel zeigt, wie kostengünstig stationäre Versorgung trotz hoher Gesamtkosten für Patientinnen bleibt.

Beispiel 2: Knieprothese bei Arthrose

Ein 67-jähriger Mann benötigt eine Knieprothese wegen fortgeschrittener Gelenksarthrose.
SwissDRG-Fall: I47A
Cost Weight: 3.20
Basispreis: 11’200 CHF
→ Kosten: 3.20 × 11’200 = 35’840 CHF

Kostenaufteilung:

• Kanton: 19’712 CHF
• Krankenkasse: 16’128 CHF

Patient bezahlt:

• Franchise 300 CHF
• Selbstbehalt 10 % von 35’540 CHF = 3’554 CHF, gedeckelt auf 700 CHF
• Spitalbeitrag: 7 Tage × 15 CHF = 105 CHF

Total Eigenkosten:
300 + 700 + 105 = 1’105 CHF

Dieses Beispiel zeigt, wie extrem teure Operationen für Patientinnen und Patienten finanziell tragbar bleiben – ein Kernelement der schweizerischen Gesundheitsversorgung.

Was stationäre Leistungen beinhalten – vollständige Übersicht

Stationäre Leistungen umfassen:

Medizinische Behandlung

• Operationen
• Intensiv- und Überwachungspflege
• Schmerztherapie
• medizinische Diagnostik

Pflegeleistungen

• Grund- und Behandlungspflege
• postoperative Betreuung
• Mobilisation

Infrastruktur

• Unterkunft (Mehrbettzimmer)
• Verpflegung
• medizinische Geräte

Medikamente

Alle während des Aufenthalts benötigten Präparate sind inbegriffen.

Rehabilitation im Spital

Erste Reha-Massnahmen sind ebenfalls Teil der stationären Leistung.

Für Wahlleistungen wie Einzelzimmer oder Chefarztbehandlung braucht man eine Spitalzusatzversicherung (VVG).

Bedeutung stationärer Leistungen für Versicherte

Stationäre Leistungen sind existenziell, denn sie dienen:

1. der Behandlung schwerer und akuter Krankheiten

Beispiele: Herzinfarkt, Krebsoperation, schwere Unfälle.

2. dem finanziellen Schutz

Ohne KVG-Schutz könnten Behandlungen Zehntausende Franken kosten.

3. der Gleichbehandlung

Alle Versicherten erhalten medizinisch notwendige stationäre Versorgung – unabhängig von Einkommen.

4. der Qualitätssicherung

SwissDRG fördert Effizienz und medizinische Standards.

Besondere Situationen: Wahlspital, ausserkantonale Behandlung, Zusatzversicherung

Ausserkantonale Behandlung

Nur voll vergütet, wenn:

• medizinisch notwendig oder
• Spital auf der Liste des Wohnkantons ist.

Sonst: Differenzkosten selbst bezahlen.

Wahlspital

Mit Zusatzversicherung (halbprivat/privat) möglich, sonst hohe Selbstkosten.

Rehabilitation

Unterschied zwischen:

• stationärer Reha
• ambulanter Reha
  → Finanzierung und Tarife unterscheiden sich.

Häufige Fehler und Missverständnisse

• „KVG zahlt jedes Spitalzimmer.“ → Nur allgemeine Abteilung.

• „Stationäre Leistungen sind immer kostenlos.“ → Franchise, Selbstbehalt, Spitalbeitrag bleiben.

• „Man kann jedes Spital wählen.“ → Nur Spitäler auf der Spitalliste ohne Zusatzkosten.

• „SwissDRG sind fixe Preise.“ → Nein, nur Pauschalsystem – Basispreis variiert je Kanton.

Fazit

Stationäre Leistungen bilden einen zentralen Pfeiler der Schweizer Gesundheitsversorgung. Sie garantieren jedem Menschen Zugang zu medizinisch notwendiger Spitalbehandlung – unabhängig von finanziellen Möglichkeiten. Durch die SwissDRG-Pauschalen, die solidarische Finanzierung und die klare gesetzliche Struktur bleibt stationäre Versorgung bezahlbar, effizient und qualitativ hochstehend. Wer die Regeln zu Kostenübernahme, Spitalwahl und Eigenanteilen versteht, kann medizinische Eingriffe transparent planen und unnötige Kosten vermeiden.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizer Gesundheitsstatistik 2023: Stationärdaten.
• [2] Bundesamt für Gesundheit BAG: „Krankenversicherung – Stationäre Leistungen“.
• [3] Spitalreport Schweiz 2022.
• [4] SwissDRG AG: Handbuch und Fallgruppenübersicht.