Stationär: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Stationäre Behandlung erfordert mindestens eine Spitalübernachtung

• KVG deckt medizinisch notwendige stationäre Leistungen

• Vergütung erfolgt über SwissDRG-Fallpauschalen

• Kosten: Franchise, Selbstbehalt, 15 CHF Spitalbeitrag

• Wohnkanton übernimmt mindestens 55 % der Gesamtkosten

• Nur gelistete Spitäler vollständig erstattungsfähig

• Stationäre Versorgung bei schweren oder komplexen Erkrankungen

Zahlen & Fakten

1. In der Schweiz gibt es jährlich über 1,2 Millionen stationäre Hospitalisationen [1].
2. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer liegt bei 5,2 Tagen [2].
3. Eine typische stationäre Behandlung kostet 10’000–15’000 CHF [3].
4. SwissDRG umfasst rund 1’200 Fallpauschalen [4].
5. Der gesetzliche Spitalbeitrag beträgt 15 CHF pro Tag für Erwachsene [2].
6. Über 85 % der stationären Behandlungen finden im Wohnkanton statt [3].
7. Rund 30 % der gesamten Gesundheitskosten entfallen auf stationäre Leistungen [1].

Rechtliche Grundlage der stationären Versorgung

Stationäre Leistungen sind klar im Krankenversicherungsgesetz (KVG) geregelt. Versicherte haben Anspruch auf Behandlung in allen Spitälern, die auf der kantonalen Spitalliste geführt werden. Der Wohnkanton übernimmt mindestens 55 % der SwissDRG-Pauschale, die Krankenkasse höchstens 45 %. Versicherte tragen nur Franchise, 10 % Selbstbehalt(maximal 700 CHF jährlich) sowie den Spitalbeitrag von 15 CHF pro Tag.

Beispiel: Eine Behandlung kostet 14’000 CHF.
55 % Kantonsanteil = 7’700 CHF
45 % Kassenanteil = 6’300 CHF
Versicherte zahlen nur Franchise + max. 700 CHF + Spitalbeitrag.

Damit garantiert das KVG weitgehenden finanziellen Schutz, selbst bei schweren oder teuren Eingriffen.

SwissDRG – Wie stationäre Behandlungen abgerechnet werden

SwissDRG (Diagnosis Related Groups) ist ein Pauschalsystem, das statt jeder einzelnen Leistung den gesamten Fall abrechnet. Jede Behandlung wird einer Fallgruppe mit einem Cost Weight zugeordnet. Dieses Gewicht wird mit dem kantonalen Basispreis multipliziert.

Formel:
Kosten = Cost Weight × Basispreis

Beispiel:
Cost Weight: 1.2
Basispreis: 11’000 CHF
→ 1.2 × 11’000 = 13’200 CHF

Der Kanton übernimmt mindestens 55 %: 7’260 CHF
Die Krankenkasse maximal 45 %: 5’940 CHF
Versicherter: Franchise + Selbstbehalt + Spitalbeitrag

SwissDRG sorgt für Transparenz und verhindert unkontrollierte Kostensteigerungen.

Beispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Herzoperation bei Koronarerkrankung

Ein 58-jähriger Mann wird wegen einer schweren koronaren Herzkrankheit stationär aufgenommen. Es folgt eine Bypass-Operation.
SwissDRG-Fallgruppe: F10A
Cost Weight: 3.8
Basispreis Kanton Bern: 10’900 CHF
Gesamtkosten:
3.8 × 10’900 = 41’420 CHF

Kostenaufteilung:
Kanton (55 %): 22’781 CHF
Krankenkasse (45 %): 18’639 CHF

Eigenkosten des Patienten:
Franchise (2’500 CHF, noch nicht erreicht): 2’500 CHF
Selbstbehalt: 10 % von 38’920 CHF = 3’892 CHF, aber gedeckelt auf 700 CHF
Spitalbeitrag: 10 Tage × 15 CHF = 150 CHF
Total: 3’350 CHF

Dieses Beispiel zeigt, wie Schweizer Versicherte trotz extrem hoher Behandlungskosten finanziell geschützt bleiben.

Beispiel 2: Geburt per Kaiserschnitt

Eine 33-jährige Frau bringt ihr Kind mittels Kaiserschnitt zur Welt. Der Spitalaufenthalt dauert 5 Tage.
SwissDRG: O01B
Cost Weight: 0.95
Basispreis Zürich: 10’800 CHF
→ 0.95 × 10’800 = 10’260 CHF

Kostenaufteilung:
Kanton: 5’643 CHF
Krankenkasse: 4’617 CHF

Eigenkosten:
Franchise fällt bei Mutterschaft nicht an
Selbstbehalt ebenfalls nicht
Spitalbeitrag entfällt bei Mutterschaft
→ Total: 0 CHF

Dieses Beispiel zeigt, dass Mutterschaft stationär vollständig gedeckt ist – ohne Eigenanteile.

Welche Leistungen stationär übernommen werden

Stationäre Leistungen umfassen:

Medizinische Behandlung

Operationen, Akutbehandlungen, Überwachung, Notfallinterventionen.

Pflegeleistungen

Behandlungspflege, Wundversorgung, Mobilisation.

Diagnostik

Radiologie, Labor, Ultraschall, Operationstechnologie.

Medikamente

Alle während des Aufenthalts notwendigen Präparate.

Unterkunft und Verpflegung

Standardzimmer (meist Mehrbettzimmer) und Spitalinfrastruktur.

Erste Rehabilitation

Physiotherapie oder Ergotherapie während des Aufenthalts.

Optional: Zusatzversicherungen ermöglichen Privat- oder Halbprivatabteilungen.

Bedeutung stationärer Versorgung für das Gesundheitssystem

Stationäre Behandlungen sind essenziell für:

• Akutmedizin
• Hochspezialisierte Medizin
• Onkologische Komplettbehandlungen
• Unfallchirurgie
• Notfallmedizin

Ohne stationäre Strukturen wäre die Versorgung komplexer Krankheiten unmöglich. SwissDRG sorgt dabei für Effizienz und Planbarkeit im gesamten System.

Stationäre Versorgung und Zusatzversicherung (VVG)

Die stationäre Grundversorgung wird durch das KVG abgedeckt. Wer zusätzliche Komfortleistungen möchte, benötigt eine Zusatzversicherung nach VVG (Versicherungsvertragsgesetz).

Leistungen beinhalten:

freie Spitalwahl schweizweit

Chefarztbehandlung

Einzel- oder Zweibettzimmer

alternative Rehaeinrichtungen

Beispiel Kosten:
Einzelzimmerzuschlag: 300–700 CHF pro Tag
Chefarztzuschlag: pauschal 1’500–4’000 CHF
Ohne Zusatzversicherung müssen diese komplett selbst bezahlt werden.

Häufige Fehler und Missverständnisse

• „Stationär ist immer kostenlos.“ → Franchise, Selbstbehalt, Spitalbeitrag bleiben.

• „Ich kann jedes Privatspital wählen.“ → Nur mit Zusatzversicherung.

• „SwissDRG garantiert fixe Preise.“ → Basispreise variieren je Kanton.

• „Notfall = immer vollständig gedeckt.“ → nur im medizinisch notwendigen Rahmen.

• „Ambulant ist teurer als stationär.“ → seit 2019 wird „ambulant vor stationär“ gefördert.

Fazit

Stationäre Leistungen gehören zu den zentralen Elementen des Schweizer Gesundheitssystems. Sie sichern die Behandlung schwerer Erkrankungen, komplexer Operationen und akuter Notfälle. Dank SwissDRG, kantonaler Mitfinanzierung und klaren KVG-Regeln sind selbst sehr teure Behandlungen für Versicherte tragbar. Die Kombination aus medizinischer Qualität, finanzieller Sicherheit und gesetzlicher Struktur macht die stationäre Versorgung zu einem unverzichtbaren Pfeiler der schweizerischen Gesundheitsversorgung.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizer Gesundheitsstatistik 2023.
• [2] Bundesamt für Gesundheit BAG: „Stationäre Versorgung“.
• [3] Spitalreport Schweiz 2022.
• [4] SwissDRG AG: Fallgruppenhandbuch.