Spitaltaggeldversicherung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Fixe Auszahlung pro Spitaltag unabhängig von effektiven Kosten

• Ergänzung zur Grundversicherung, nicht deren Ersatz

• Frei wählbare Taggeldhöhe, meist 20–300 CHF

• Sinnvoll bei Familien, Selbstständigen und Personen mit Fixkosten

• Deckt Haushalts-, Betreuungs- und Nebenkosten

• Auszahlung bei Krankheit und/oder Unfall, je nach Vertrag

• Spitaltaggeld ist nicht zweckgebunden

Zahlen & Fakten

1. In der Schweiz besitzen rund 700’000 Personen eine Spitaltaggeldversicherung [1].
2. Die gängigen Taggeldhöhen liegen zwischen 30 und 150 CHF pro Tag, bei Familienpolicen teils höher [2].
3. Ein durchschnittlicher Spitalaufenthalt dauert 4,5 Tage, bei Unfällen rund 6 Tage [3].
4. Selbstständige machen über 45 % der Spitaltaggeldkundschaft aus [2].
5. Die Prämien reichen von 6–40 CHF pro Monat, abhängig von Alter, Deckung und Gesundheitszustand [3].
6. Die Auszahlung erfolgt meist für max. 365 Tage pro Ereignis, je nach Versicherer [4].
7. Bei über 20 % der Leistungsfälle wird das Taggeld zur Deckung von Betreuungskosten verwendet [4].

Wie eine Spitaltaggeldversicherung funktioniert

Die Spitaltaggeldversicherung zahlt einen täglichen Betrag aus, sobald eine versicherte Person stationär im Spital liegt. Die Auszahlung ist nicht an Rechnungen oder Belege gebunden und erfolgt unabhängig davon, wie hoch die realen Spitalkosten sind.

Was bezahlt die Versicherung NICHT?

Sie übernimmt keine medizinischen Leistungen des Spitals – dafür sind KVG und Unfallversicherung zuständig. Das Taggeld dient vielmehr der Deckung von Nebenkosten wie:

• Haushaltshilfe
• Kinderbetreuung
• Fahrtkosten Angehöriger
• Erwerbsausfall
• Zusatzkosten (TV, Telefon, Parken im Spital)
• ergänzende Therapien

Varianten

• Taggeld bei Krankheit
• Taggeld bei Unfall
• kombinierte Deckung Krankheit + Unfall
• Familien- oder Partner-Policen

Wie Prämien und Leistungen berechnet werden

Die Prämie richtet sich nach:

• Höhe des Taggelds
• Alter
• Gesundheitszustand
• gewünschter Leistungsumfang (Krankheit/Unfall)

Beispiel Taggeldhöhe 100 CHF/Tag

20 CHF/Monat (jung, Nichtraucher)
35 CHF/Monat (50-Jährige)

Berechnung der Auszahlung

Taggeld × Anzahl Spitaltage

Beispiel:
4 Tage Spital × 120 CHF/Tag = 480 CHF Auszahlung
Die Verwendung ist frei.

Karenzfristen

Einige Versicherer haben Karenzfristen:
z. B.: Taggeld nur ab dem 2. oder 3. Spitaltag → günstigere Prämien.

Praxisbeispiele

Beispiel 1: Alleinerziehende Mutter mit kurzer Hospitalisation

Eine 39-jährige alleinerziehende Mutter versichert sich mit einem Taggeld von 80 CHF pro Tag.
Prämie: 15 CHF/Monat.

Sie erleidet eine Blinddarmentzündung und bleibt 5 Tage im Spital.

Berechnung:
5 Tage × 80 CHF = 400 CHF Auszahlung

Während ihres Aufenthalts benötigt sie:

• 3 Tage Kinderbetreuung: 3 × 120 CHF = 360 CHF
• Zusatzkosten im Spital (Parkieren, Telefon): 40 CHF

Total: 400 CHF → vollständig gedeckt

Die Grundversicherung hätte diese privaten Kosten nicht übernommen.
Das Beispiel zeigt, wie Spitaltaggeld reale Alltagssorgen abfedert.

Beispiel 2: Selbstständiger Schreiner mit Einnahmeausfall

Ein 52-jähriger selbstständiger Schreiner hat ein Taggeld von 150 CHF.
Prämie: 32 CHF/Monat.

Er zieht sich bei einem Unfall eine Schulterverletzung zu und bleibt 8 Tage stationär.

Berechnung:
8 × 150 = 1’200 CHF

Sein Betrieb steht still, er verliert:

• Aufträge im Wert von 3’000 CHF
• Zusätzlich entstehen Fahrtkosten für Familienbesuche: 200 CHF

Das Spitaltaggeld deckt einen Teil der Ausfälle, die anderweitig nicht versichert wären – UVG deckt nur medizinische Kosten, nicht Einnahmeverluste.
Das Beispiel zeigt, wie essenziell Spitaltaggeld für Selbstständige sein kann.

Für wen ist eine Spitaltaggeldversicherung sinnvoll?

1. Selbstständige

Sie erhalten bei Krankheit oder Unfall keinen Lohnersatz.

2. Familien

Kinderbetreuungskosten steigen stark bei Spitalaufenthalten der Eltern.

3. Personen mit Fixkosten

Hypothek, Miete, Leasingkosten laufen weiter, auch bei Spitalaufenthalt.

4. Personen mit hohem Selbstbehalt/Franchise

Das Taggeld kann helfen, finanzielle Lücken zu decken.

5. Sportaktive

Sportverletzungen führen häufig zu stationären Aufenthalten.

6. Senioren

Sie haben häufiger Hospitalisationen und profitieren von stabilen Taggeldern.

Bedeutung im Schweizer Gesundheitssystem

Ergänzung zu Sozialversicherungen

• AHV zahlt Renten, aber keine Krankheitskosten oder Einkommen.
• IV greift erst bei langfristiger Invalidität, nicht bei kurzen Spitalaufenthalten.
• EO deckt nur Mutterschaft/Militärdienst.
• KVG finanziert nur medizinische Leistungen, nicht private Zusatzkosten.

Finanzielle Überbrückung

Spitaltaggeld hilft, typische finanzielle Lücken zu schliessen, die weder durch Grund- noch Zusatzversicherung gedeckt sind.

Flexibilität

Versicherte entscheiden frei, wofür sie das Geld benötigen.

Zwei zusätzliche relevante Aspekte

1. Steuervorteile

In vielen Kantonen können Prämien der Spitaltaggeldversicherung als Vorsorge (Säule 3b) abgezogen werden.

Beispiel:
Jahresprämie: 360 CHF
Steuersatz: 20 %
→ Steuerersparnis: 72 CHF

2. Kombination mit Taggeld- oder Zusatzversicherungen

Viele Versicherte kombinieren:

• Einzeltaggeldversicherung
• Spitalversicherung (halbprivat/privat)
• Spitaltaggeld

Dadurch entsteht ein vollumfängliches Schutzpaket.

Häufige Missverständnisse

• „Spitaltaggeld zahlt nur medizinische Rechnungen.“
  → Nein, die Auszahlung ist frei verwendbar.

• „Das ist das Gleiche wie Spitalversicherung.“
  → Falsch: Spitalversicherung deckt Komfort (Zimmerwahl), Spitaltaggeld zahlt Geld pro Tag.

• „KVG übernimmt ohnehin alles.“
  → Nein, viele private Kosten bleiben ungedeckt.

• „Ich bin jung, ich brauche das nicht.“
  → Unfälle führen oft zu ungeplanten Hospitalisationen in jedem Alter.

Fazit

Die Spitaltaggeldversicherung ist ein wertvolles Instrument zur finanziellen Überbrückung bei stationären Aufenthalten. Sie ergänzt die obligatorische Krankenversicherung und schützt insbesondere Familien, Selbstständige und Personen mit fixen Kosten vor unerwarteten Auslagen. Durch flexible Taggeldhöhen, niedrige Prämien und frei verwendbare Leistungen trägt sie massgeblich zur finanziellen Stabilität bei Krankheit oder Unfall bei. Wer seine persönliche Risiko- und Einkommenssituation kennt, kann mit einer Spitaltaggeldversicherung wichtige Versorgungslücken schliessen.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizer Gesundheitsversicherungsreport, 2023
• [2] Zusatzversicherungsmarkt Schweiz, 2022
• [3] Krankenhausstatistik BFS, 2021
• [4] Ombudsstelle für Krankenversicherung – Jahresbericht 2022