Seniorenbetreuung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

Zahlen & Fakten

1. Rund 1,6 Mio. Menschen in der Schweiz sind über 65 Jahre alt [1]
2. Etwa 30 % der Senior:innen benötigen regelmässige Betreuung zu Hause [2]
3. Kosten für ambulante Betreuung liegen meist zwischen CHF 35–60 pro Stunde [3]
4. Angehörige leisten jährlich über 80 Mio. Stunden unbezahlte Betreuung [4]
5. 40 % der über 80-Jährigen leben weiterhin in den eigenen vier Wänden [5]
6. Ergänzungsleistungen unterstützen 45 % der betreuungsbedürftigen Senioren finanziell [6]
7. Demenzbedingte Betreuungskosten übersteigen jährlich CHF 3 Mrd. [7]

Wie funktioniert Seniorenbetreuung und wie werden Kosten berechnet?

Seniorenbetreuung richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Häufige Leistungen sind:

• Haushalthilfe (Kochen, Putzen, Einkaufen)
• Alltagsbegleitung (Spaziergänge, soziale Interaktion, Terminbegleitung)
• Organisation von Mahlzeiten, Medikamentenerinnerung
• leichte pflegerische Tätigkeiten (z. B. Unterstützung beim Waschen)
• Aktivierung und Prävention (Gedächtnistraining, Bewegungsübungen)

Beispiel Kostenberechnung pro Monat:
2 Stunden Betreuung pro Tag × CHF 45
→ CHF 90 pro Tag
90 × 30 = CHF 2’700 pro Monat

Ergänzungsleistungen (EL) greifen, wenn Einkommen + AHV-Rente die anerkannten Betreuungskosten nicht decken.
Beispiel EL-Berechnung:

Monatliche Rente: CHF 2’200

Anerkannte Ausgaben: CHF 3’200 (inkl. Betreuung)

Differenz: CHF 1’000 → wird durch EL ausgeglichen

Seniorenbetreuung ist somit auch für Menschen mit kleiner Rente finanzierbar, sofern Anspruch auf EL besteht.

Praxisbeispiele aus dem Alltag

Beispiel 1: Unterstützung einer alleinstehenden Seniorin mit Mobilitätseinschränkungen

Eine 82-jährige Frau lebt allein und hat leichte Gehschwierigkeiten. Sie benötigt Unterstützung beim Haushalt, Einkaufen und sozialen Austausch.

Leistungen:

• Haushaltshilfe 3 × pro Woche je 2 h → 6 h/Woche
• Begleitung zu Terminen 2 × pro Monat → 3 h/Monat

Monatliche Kosten:
(6 × CHF 45 × 4 Wochen) = 1’080

• (3 × CHF 45) = 135
  Total = CHF 1’215

Mit AHV-Rente von CHF 2’200 gelingt die Finanzierung. Da ihre Ausgaben (Miete, Betreuung, Krankenkasse) insgesamt CHF 2’900 betragen, beantragt sie Ergänzungsleistungen. EL übernimmt CHF 700 pro Monat.

Dieses Beispiel zeigt, wie Seniorenbetreuung Eigenständigkeit erhält und finanzielle Unterstützung kombinierbar ist.

Beispiel 2: Betreuung eines demenzkranken Seniors zu Hause

Ein 78-jähriger Mann mit beginnender Demenz lebt bei seiner Frau, die zunehmend überfordert ist. Sie benötigen Entlastung durch einen Betreuungsdienst.

Leistungen:

• Tagesbetreuung zu Hause: 4 Stunden/Tag × 5 Tage/Woche = 20 Stunden

Kosten: 20 × CHF 50 = CHF 1’000 pro Woche
Monat: 1’000 × 4 = CHF 4’000

Da die Pflegeversicherung (KVG) keine Betreuungskosten übernimmt, bleibt ein grosser Eigenanteil. Die IV ist nicht zuständig (Alter über 65). Anspruch besteht jedoch auf Hilflosenentschädigung der AHV, je nach Schweregrad:

• leichter Anspruch: CHF 243/Monat
• mittlerer Anspruch: CHF 608/Monat
• schwerer Anspruch: CHF 972/Monat

Bei mittlerer Hilflosigkeit reduziert sich der Eigenanteil von 4’000 auf 3’392. Ergänzungsleistungen übernehmen weitere 1’500, sodass die monatliche Belastung der Familie auf CHF 1’892 sinkt.

Dieses Beispiel zeigt, dass Seniorenbetreuung oft eine Kombination aus privaten und staatlichen Leistungen darstellt.

Welche Formen der Seniorenbetreuung gibt es?

• Betreuung zu Hause: flexibel, individuell, bedarfsorientiert
• Tagesstätten & Aktivierungszentren: soziale Kontakte, Struktur, Entlastung der Angehörigen
• Live-in-Betreuung (24h): Rundumversorgung durch Betreuungspersonen aus dem In- oder Ausland
• Nachbarschafts- und Freiwilligenhilfe: niedrigschwellige Unterstützung
• Demenzspezifische Dienste: Memory-Begleitung, Orientierungshilfen, sichere Spaziergänge

Kosten variieren stark:
Live-in-Betreuung: meist CHF 3’500–6’000/Monat
Tagesstätte: CHF 70–120 pro Tag

Sozialversicherungen im Zusammenhang mit Seniorenbetreuung (AHV, IV, EO)

• AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung):
  Finanziert Renten & Hilflosenentschädigung (bei körperlicher/geistiger Einschränkung).
  Beispiel Hilflosenentschädigung:
  mittlerer Anspruch: CHF 608/Monat → verrechenbar mit Betreuungskosten
• IV (Invalidenversicherung):
  Nur vor dem Rentenalter zuständig. Senioren über 65 erhalten keine neue IV-Rente mehr.
• EO (Erwerbsersatzordnung):
  Für Senioren irrelevant; betrifft Erwerbstätige bei Militär-, Zivilschutz-/Mutterschaftsabsenzen.

Bedeutung der Seniorenbetreuung für Gesellschaft und Gesundheitssystem

Seniorenbetreuung zu Hause gewinnt an Bedeutung, weil:

• immer mehr Menschen alt werden
• der Wunsch nach häuslicher Versorgung wächst
• Pflegeheime teuer und begrenzt sind
• soziale Isolation reduziert werden muss
• Volkswirtschaftlich wirkt Seniorenbetreuung entlastend:
• weniger Spitalaufenthalte
• verzögerte Pflegeheimeintritte
• bessere psychische Gesundheit
• geringere Kosten für Notfallversorgungen

Bei einer Verzögerung eines Heimeintritts um nur 6 Monate spart das System pro Person mehrere tausend Franken.

Digitalisierung in der Seniorenbetreuung

Technologien unterstützen Sicherheit und Autonomie:

• Sturzsensoren & Alarmuhren
• Telemedizin
• Medikamentenmanagement per App
• digitale Terminplanung
• Videotelefonie gegen Einsamkeit

Beispiel:
Ein Sturzsensor (CHF 30/Monat) verhindert unnötige Notrufe und sorgt für schnellere Hilfe – spart im Schnitt CHF 200–300 pro Einsatz.

Zusätzlicher Abschnitt: Wie wird der individuelle Betreuungsbedarf berechnet?

1. Abklärung durch Spitex oder Arzt (Pflegebedarf vs. Betreuungsbedarf)
2. Ermittlung der notwendigen Stunden
3. Berechnung der privaten Kosten
4. Prüfung von Hilflosenentschädigung und EL

Beispiel:

• 40 Stunden Betreuung × CHF 45 = CHF 1’800
• Hilflosenentschädigung: CHF 608
• Bedarf nach EL: 1’800 – 608 = CHF 1’192

Diese Berechnung hilft Familien, die finanzielle Planung realistisch vorzunehmen.

Fazit

Seniorenbetreuung ist ein zentraler Baustein einer würdevollen Alterspolitik. Sie ermöglicht älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Zuhause, fördert soziale Teilhabe und entlastet Angehörige sowie das Gesundheitssystem. Eine gute Betreuung kombiniert professionelle Dienste mit staatlichen Unterstützungsleistungen wie AHV-Hilflosenentschädigung und Ergänzungsleistungen. Wer frühzeitig plant und den Betreuungsbedarf realistisch einschätzt, schafft langfristige Sicherheit und Lebensqualität im Alter.

Quellenverzeichnis