Private Krankenversicherung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

Zahlen & Fakten

1. Rund 80 % der Schweizer Bevölkerung besitzen mind. eine Zusatzversicherung [1]
2. Etwa 30 % haben eine Spitalzusatzversicherung (halbprivat/privat) [2]
3. Private Zusatzprämien liegen meist zwischen CHF 20–300 pro Monat [3]
4. Ablehnungsquote wegen Gesundheitsrisiken: 10–35 % [4]
5. Zusatzversicherte nutzen bis zu 25 % mehr Präventionsleistungen [5]
6. Behandlungskosten im Privatbereich können CHF 1’000–2’500 pro Tag betragen [6]
7. Rund 70 % der Versicherer verlangen EMR-/ASCA-Anerkennung für Komplementärtherapie [7]

Wie funktioniert die private Krankenversicherung und wie werden Kosten berechnet?

Private Versicherungen basieren auf Risiko-, Alters- und Gesundheitsmodellen. Das bedeutet:

• Je höher das Risiko, desto höher die Prämie
• Je älter die versicherte Person beim Eintritt, desto teurer der Schutz
• Vorerkrankungen führen zu Vorbehalten oder Ablehnungen

Beispiel Prämienberechnung:
Spital halbprivat:

• Eintrittsalter 30 → Prämie CHF 85/Monat
• Eintrittsalter 55 → Prämie CHF 230/Monat

Differenz pro Jahr: (230 – 85) × 12 = CHF 1’740 Mehrkosten

Beispiel Leistungsberechnung bei Spitalbehandlung:
Gesamtkosten Privatabteilung: CHF 22’000
OKP deckt allgemeinen Tarif: CHF 10’000
Zusatzversicherung privat übernimmt Differenz:
22’000 – 10’000 = CHF 12’000

Ohne Zusatzversicherung müsste diese Summe selbst getragen werden.

Praxisbeispiele aus dem Alltag

Beispiel 1: Privatversicherung und Operation mit freier Arztwahl

Eine 47-jährige Frau benötigt eine orthopädische Operation. Sie besitzt eine Privat-Spitalzusatzversicherung.

Kosten:
Chefarztoperation: CHF 14’000
Einzelzimmer 5 Tage: 5 × 1’600 = 8’000
Material & Diagnostik: 3’500
Total: CHF 25’500
Grundversicherung deckt nur 10’800 (allgemeiner Tarif).
Differenzkosten: 25’500 – 10’800 = CHF 14’700
Diese übernimmt die private Zusatzversicherung vollständig.

Ohne Zusatzversicherung hätte sie diese Kosten privat tragen müssen.

Das Beispiel zeigt den zentralen Vorteil privater Krankenversicherungen: Wahlfreiheit, Komfort und Kostenschutz bei stationären Eingriffen.

Beispiel 2: Komplementärmedizin ohne Zusatzversicherung

Ein 38-jähriger Mann nutzt Osteopathie und Akupunktur wegen chronischen Nackenbeschwerden.

Kosten pro Jahr:
10 Sitzungen à CHF 120 = CHF 1’200
Grundversicherung übernimmt keine dieser Leistungen.
Mit ambulanter Zusatzversicherung (z. B. 75 % Deckung, Limit CHF 800):
1’200 × 0.75 = 900 → Limit = 800
Vergütung: CHF 800
Eigenanteil: CHF 400

Ohne Zusatzversicherung: Eigenkosten CHF 1’200

Das Beispiel zeigt, wie private Krankenversicherungen Prävention und Alternativmedizin wirksam fördern.

Welche Leistungen deckt eine private Krankenversicherung?

Private Krankenversicherungen bieten modulare Leistungsbausteine:

1. Ambulante Zusatzversicherung:

• alternative Therapien
• Brillen/Sehhilfen
• Prävention & Fitness
• Medikamente ausserhalb SL (Spezialitätenliste)
• Psychotherapie (nicht ärztlich)

2. Spitalzusatzversicherung:

• halbprivat (Zweibettzimmer)
• privat (Einzelzimmer, Chefarztbehandlung)
• freie Spital- und Arztwahl
• Behandlung in Privatkliniken

3. Zahnversicherung:

• Kieferorthopädie
• Zahnkorrekturen
• konservierende Zahnbehandlungen

4. Auslandsdeckung:

• weltweite Notfall-Leistungen
• Rücktransportkosten

Private Leistungen erweitern also die obligatorische Versorgung und schaffen Komfort sowie Zugang zu nicht KVG-pflichtigen medizinischen Angeboten.

Vorbehalte, Gesundheitsprüfung und wichtige Vertragsdetails

Die Gesundheitsprüfung ist bei Abschluss privater Policen zentral. Versicherer dürfen gemäss VVG:

• Vorbehalte erheben
• Anträge ablehnen
• Prämien individuell festlegen

Beispiel Vorbehalt:
Kunde mit chronischen Rückenbeschwerden:
→ Rückenleistungen ausgeschlossen
→ Prämie bleibt moderat

Fehler bei der Gesundheitsdeklaration können zu nachträglichen Leistungskürzungen führen.
Tipp: Gesundheitsfragen vollständig und korrekt beantworten.

Bedeutung der privaten Krankenversicherung im Schweizer Gesundheitssystem

Private Krankenversicherungen erfüllen wichtige systemische Funktionen:

• Entlasten die Grundversicherung
• fördern Innovation (z. B. neue OP-Methoden, schneller Zugang)
• verbessern Patientenkomfort
• bieten medizinische Wahlfreiheit
• ermöglichen Zusatzleistungen für Bedürfnisse, die das KVG nicht deckt

Volkswirtschaftlich betrachtet finanzieren sie zusätzliche Kapazitäten in Privatkliniken und entlasten dadurch öffentliche Spitäler.

Typische Fehler bei der Wahl privater Krankenversicherungen

• Abschluss zu spät → hohe Prämien
• unpassende Deckung gewählt
• Vorbehalte übersehen
• Doppelversicherung (z. B. Ausland doppelt gedeckt)
• Modelle ohne langfristige Beitragsstabilität

Beispiel Kostenfehler:
Spitalzusatz privat abgeschlossen, obwohl das Spitalangebot im Wohnkanton privat kaum genutzt werden kann → jährliche Überkosten von 300–600 CHF.

Digitalisierung und private Krankenversicherungen

Moderne Versicherer bieten digitale Vorteile:

• Online-Kostengutsprachen
• digitale Leistungsübersichten
• Telemedizin
• Apps zur Einreichung von Rechnungen
• digitale Beratung

Diese Tools verbessern Transparenz, verkürzen Bearbeitungszeiten und erleichtern den Zugang zu Leistungen.

Zusätzlicher Abschnitt: Wann lohnt sich eine private Krankenversicherung wirklich?

Eine Kosten-Nutzen-Analyse ist entscheidend.

Beispiel:
Prämie Spital halbprivat: CHF 120/Monat → CHF 1’440/Jahr
Wahrscheinlichkeit Spitaleintritt alle 5 Jahre
Durchschnittliche privatpflichtige Differenzkosten: CHF 6’500

Vergleich:
5 Jahre Prämienkosten: 1’440 × 5 = CHF 7’200
Erwartete Kostenübernahme im Ereignisfall: CHF 6’500

Je nach persönlichem Gesundheitsprofil und Wohnregion lohnt sich das Modell unterschiedlich stark. Für Vielreisende, ältere Personen oder Personen mit Komfortanspruch ist das Verhältnis oft positiv.

Fazit

Die private Krankenversicherung ist ein bedeutender Bestandteil des Schweizer Gesundheitswesens. Sie ermöglicht grössere Wahlfreiheit, besseren Komfort, Zugang zu alternativen Behandlungen und umfassenderen Schutz als die Grundversicherung. Obwohl Prämien und Gesundheitsprüfungen sorgfältig zu prüfen sind, lohnt sich eine Zusatzversicherung für viele Menschen – insbesondere für jene, die höhere Ansprüche an Komfort, Therapievielfalt oder medizinische Flexibilität haben. Eine individuelle Analyse der Bedürfnisse ist der Schlüssel zu einer sinnvollen und nachhaltigen Versicherungsstrategie.

Quellenverzeichnis