Pharmed: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Erstkontakt bei Gesundheitsproblemen über Apotheke oder Hausarzt

• Koordinierte Versorgung reduziert Kosten und Doppelbehandlungen

• Prämienrabatt gegenüber Standardmodell möglich

• Starke Rolle der Apotheken im Triageprozess

• Medikamente und Therapien werden eng abgestimmt

• Effizienzsteigerung durch interprofessionelle Zusammenarbeit

• Ideal für Personen mit häufigen Medikamentenkontakten

Zahlen & Fakten

1. Rund 10–15 % aller alternativen Versichertenmodelle basieren auf Pharmed-ähnlichen Strukturen [1].
2. Prämienrabatte liegen typischerweise zwischen 8–14 % gegenüber dem Standardmodell [2].
3. Über 60 % aller medizinischen Erstkontakte in Pharmed-Modellen erfolgen über Apotheken [3].
4. Mehr als 70 % der Apothekerinnen und Apotheker** bieten heute Medikationschecks an [4].
5. Die Hälfte aller Pharmed-Nutzenden nimmt regelmässig Medikamente ein [3].
6. Rund 30 % der unnötigen Arztkonsultationen können laut Studien vermieden werden [5].
7. Digitale Tools (e-Cockpit) werden in über 50 % der Pharmed-Modelle genutzt [4].

Funktionsweise des Pharmed-Modells und rechtliche Grundlage

Pharmed gehört zu den gelenkten Versicherungsmodellen, die im KVG (Krankenversicherungsgesetz) erlaubt sind. Der Grundgedanke: Eine optimierte Zusammenarbeit zwischen Apotheken und Ärzten führt zu effizienteren Behandlungen.

Typischer Ablauf im Pharmed-Modell

1. Gesundheitsproblem – Erste Beschwerden treten auf
2. Kontakt zur Partnerapotheke – Fachpersonen führen eine Erstabklärung durch
3. Triage

• Selbstbehandlung möglich
• Weiterleitung an Hausarzt
• Notfallüberweisung bei Dringlichkeit

     4. Koordination

• Apotheke und Arzt tauschen Informationen aus
• Medikationsplan wird überprüft

     5. Versorgung – Arzt, Apotheke oder beides begleiten die Therapie

Zentrale Vorteile für Versicherte

• schnellere Erstberatung
• reduzierte Kosten
• niedrigere Prämien
• optimierte Medikamentensicherheit
• weniger Arztbesuche nötig

Vorteile für das System

• sinkende Gesundheitskosten
• weniger Doppeluntersuchungen
• Entlastung der Hausärzte
• bessere Therapieadhärenz

Wie das Pharmed-Modell Kosten spart – Berechnungsbeispiel

Der Prämienrabatt ergibt sich aus geringeren Gesundheitskosten. Versicherer berechnen das Modell wie folgt:

Beispielrechnung Prämienersparnis

Standardmodell: 380 CHF pro Monat
Pharmed-Modell: 330 CHF pro Monat
Ersparnis: 380 – 330 = 50 CHF
Jahresersparnis: 50 × 12 = 600 CHF

Bei Familien (z. B. zwei Erwachsene, zwei Kinder) können Einsparungen von mehreren hundert bis tausend Franken pro Jahr entstehen.

Welche Leistungen werden in Apotheken erbracht?

Apotheken im Pharmed-Modell übernehmen:

• Erstberatung bei Bagatellverletzungen
• Blutdruckmessungen
• Medikamentenchecks
• Abklärung leichter Infekte
• Impfberatungen
• Interaktionsprüfungen (Medikationssicherheit)
• Entscheidung, ob Arztbesuch notwendig ist

Dies entlastet Hausärztinnen und Hausärzte erheblich.

Praxisbeispiele

Beispiel 1: Atemwegsinfekt – Behandlung durch Apotheke

Ein 41-jähriger Mann erhält im Winter Halsschmerzen und leichtes Fieber. Im Pharmed-Modell wendet er sich zuerst an seine Partnerapotheke.

Die Apothekerin misst Temperatur, beurteilt Symptome und fragt nach Medikamenteninteraktionen.
Empfehlung:

• Gurgellösung
• fiebersenkendes Mittel
• Schonung

Kosten:

• Medikamente: 28 CHF
• Konsultation: 0 CHF (im Modell enthalten)

Hätte der Mann direkt einen Arzt aufgesucht, wären TARMED-Kosten von 90–150 CHF entstanden.
Da seine Franchise noch nicht erreicht ist, hätte er diese Kosten selbst tragen müssen.

Eigenkosten ohne Pharmed: ca. 120 CHF
Eigenkosten mit Pharmed: 28 CHF

Die Ersparnis: 92 CHF.
Dieses Beispiel zeigt, wie effektiv die Apotheke als Erststelle arbeitet.

Beispiel 2: Blutdruckprobleme – schnelle Weiterleitung

Eine 67-jährige Frau fühlt sich schwindelig. Sie geht zur Partnerapotheke.
Blutdruckmessung: 185/105 mmHg – deutlich erhöht.

Die Apothekerin informiert den zugeordneten Hausarzt sofort. Innerhalb einer Stunde erhält die Patientin einen Termin.
Kosten:

• Arztbesuch: 110 CHF
• Anpassung Medikament: 20 CHF

Franchise ist erreicht, also trägt sie nur Selbstbehalt von 10 %:
→ 13 CHF

Ohne Pharmed hätte sie möglicherweise länger auf einen Termin gewartet oder die Symptome falsch eingeschätzt – mit potenziell gefährlichen Folgen.
Dieses Beispiel zeigt die präventive Wirkung des Modells.

Bedeutung des Pharmed-Modells für Patientinnen und Patienten

1. Schneller Zugang zur Grundversorgung

Apotheken sind oft länger geöffnet und niederschwelliger erreichbar als Arztpraxen.

2. Weniger Überlastung der Hausärzte

Vor allem bei leichten Beschwerden wird der Arzt entlastet.

3. Kostentransparenz und Einsparungen

Pharmed reduziert teure ärztliche Erstkonsultationen.

4. Optimierte Medikationssicherheit

Apotheken erkennen Wechselwirkungen, falsche Dosierungen und Therapielücken.

5. Besonders geeignet für chronisch Kranke

• Bluthochdruck
• Diabetes
• Asthma
• Polypharmazie (mehrere Medikamente gleichzeitig)

Die Apotheke wird zur wichtigen Begleitstelle.

Bedeutung für das Schweizer Gesundheitssystem

Das Pharmed-Modell unterstützt zentrale Ziele der nationalen Gesundheitspolitik:

• Kostenkontrolle bei steigenden Gesundheitsausgaben
• Förderung interprofessioneller Zusammenarbeit
• Stärkung der Grundversorgung
• Vermeidung unnötiger Spital- und Arztbesuche
• Digitalisierung durch gemeinsame Plattformen und Patientendossiers

Es ist ein Baustein im Wandel der Gesundheitsversorgung, insbesondere angesichts des Hausärztemangels.

Pharmed vs. andere Versicherungsmodelle

Modell Erstkontakt Spart Kosten? Flexibilität Standard freie Arztwahl nein sehr hoch Hausarzt Hausarzt ja mittel HMO HMO-Zentrum ja, stark tief TELMED Hotline ja hoch Pharmed Apotheke oder Hausarzt ja mittel–hoch

Das Pharmed-Modell bietet eine attraktive Kombination aus Flexibilität, Sicherheit und Kosteneffizienz.

Häufige Missverständnisse

• „Pharmed ersetzt den Hausarzt.“ → Falsch, Apotheke triagiert nur.

• „Apotheker dürfen Diagnosen stellen.“ → Nur im Rahmen definierter Abklärungen.

• „Pharmed ist nur für ältere Menschen.“ → Für alle geeignet.

• „Pharmed deckt mehr Leistungen.“ → Nein, Prämien sind günstiger, Leistungen aber gleich wie KVG.

• „Ohne Apotheke kein Arztbesuch möglich.“ → In Notfällen jederzeit direkt zum Arzt.

Fazit

Das Pharmed-Versicherungsmodell ist ein innovatives, kostensparendes und patientenfreundliches Modell der Schweizer Grundversicherung. Es kombiniert die medizinische Kompetenz von Hausärzten mit der Zugänglichkeit und Beratungsstärke von Apotheken. Dadurch entstehen schlanke, effiziente Behandlungswege, die sowohl Kosten reduzieren als auch die Qualität der Versorgung verbessern. Für viele Versicherte – insbesondere chronisch Kranke oder Personen mit häufigem Medikamentenbedarf – kann Pharmed eine kluge, prämienreduzierende Wahl darstellen.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizer Krankenversicherungsstatistik, 2023
• [2] Prämienanalyse Schweiz, 2022
• [3] Versorgungsforschungsbericht Schweiz, 2021
• [4] Apothekerverband Schweiz – Medikationssicherheitsstudie, 2022
• [5] Gesundheitssystemanalyse: „Interprofessionelle Modelle“, 2023