Notfallpass: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Enthält lebenswichtige medizinische Informationen

• Wird von Rettungsdiensten sofort ausgewertet

• Wichtig bei Allergien, chronischen Erkrankungen, Medikamenten

• Erhältlich digital oder als Kartenformat

• Erleichtert schnelle und korrekte Notfallbehandlung

• Kann Folgeschäden und Komplikationen verhindern

• Beugt Fehlbehandlungen durch unvollständige Informationen vor

Zahlen & Fakten

1. In der Schweiz benötigen jährlich über 100’000 Personen eine notfallmedizinische Sofortbehandlung [1].
2. Etwa 20–25 % der Notfallpatienten** können im Ernstfall nicht sprechen oder reagieren [2].
3. Ein vollständiger Notfallpass verkürzt die Diagnosezeit im Schnitt um 30–40 % [3].
4. Rund 40 % aller schweren allergischen Reaktionen** wären schneller behandelbar, wenn ein Notfallpass vorhanden wäre [3].
5. Über 2 Millionen Menschen in der Schweiz nehmen täglich mehrere Medikamente ein (Polypharmazie) [4].
6. Rund 15 % der stationären Notfälle** betreffen chronisch erkrankte Personen ohne verfügbare Medikamentenliste [5].
7. Digitale Notfallpässe nehmen jährlich um 10–15 % zu – Tendenz steigend [2].
   
    

Warum ein Notfallpass so wichtig ist

Bei medizinischen Notfällen zählt jede Sekunde. Oft wissen Rettungsdienste nicht:

• Welche Medikamente nimmt die Person?
• Gibt es Allergien (z. B. Penicillin)?
• Liegen gefährliche Vorerkrankungen vor (Herzkrankheiten, Diabetes)?
• Besteht Risikosportaktivität oder kürzliche OP?
• Gibt es Implantate (z. B. Herzschrittmacher)?
• Wen darf man im Notfall kontaktieren?

Ein Notfallpass beantwortet diese Fragen sofort. Damit verhindert er:

• verzögerte Diagnosen
• gefährliche Fehlmedikationen
• Wechselwirkungen
• unnötige Untersuchungen
• falsche Notfallmassnahmen

Gerade bei Bewusstlosigkeit oder Schockzuständen ist der Notfallpass oft entscheidend für das Überleben.

Welche Angaben ein Notfallpass enthält

Der Notfallpass umfasst alle relevanten medizinischen und persönlichen Daten:

Persönliche Angaben

• Name, Adresse, Geburtsdatum
• AHV-Nummer (Versicherungsnummer)
• Notfallkontakt (Angehörige)

Medizinische Angaben

• Allergien (z. B. Medikamente, Nahrungsmittel, Insektengifte)
• Diagnosen (z. B. Diabetes, Epilepsie, Herzinsuffizienz)
• aktuelle Medikamente und Dosierungen
• Implantate (Herzschrittmacher, Prothesen)
• Blutgruppe (optional)
• frühere Operationen

Besondere Hinweise

• Patientenverfügung vorhanden?
• Organspendeausweis?
• Psychische Erkrankungen?
• Therapien im Verlauf?

Der Pass muss regelmässig aktualisiert werden, da veraltete Angaben gefährlich sein können.

Wer braucht einen Notfallpass besonders?

Ein Notfallpass ist für alle Menschen sinnvoll, besonders aber für:

• chronisch Kranke
• Allergiker (z. B. Penicillin, Kontrastmittel)
• Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
• Diabetiker
• Epilepsie-Betroffene
• ältere Menschen
• Personen, die viele Medikamente einnehmen (Polypharmazie)
• Risikosportler (z. B. Klettern, Skitouren)
• Kinder mit schweren Allergien oder Erkrankungen

Kosten – wie viel kostet ein Notfallpass?

Ein Notfallpass ist in der Regel kostenlos oder sehr kostengünstig.

Physische Notfallpässe

• Apotheke: 5–10 CHF
• Hausarzt: oft kostenlos
• Organisationen (Rotes Kreuz etc.): gratis

Digitale Notfallpässe / Apps

• teilweise kostenlos
• Premium-Versionen: 10–40 CHF pro Jahr

Kosten im Verhältnis zum Nutzen

Ein Notfallpass kann medizinische Fehler im Wert von tausenden Franken verhindern – etwa durch korrektes Medikamentenmanagement oder vermiedene Fehldiagnosen.

Praxisbeispiele

Beispiel 1: Allergischer Schock ohne Sprachfähigkeit

Ein 27-jähriger Mann wird von einer Wespe gestochen und erleidet einen schweren anaphylaktischen Schock. Er verliert das Bewusstsein, bevor Rettungsdienste eintreffen.
Der Notfallpass in seiner Brieftasche enthält:

• Allergie: Insektengift
• Notfallmedikament: Adrenalin-Autoinjektor
• Asthma-Vorgeschichte
• Notfallkontakt

Die Rettungskräfte geben sofort Adrenalin und Sauerstoff. Statt langer Diagnosesuche reduziert der Pass die Behandlungszeit um mehrere Minuten – entscheidend bei Schockreaktionen.

Schätzung:
Ohne Notfallpass wäre möglicherweise eine Verzögerung von 5–10 Minuten entstanden.
Diese Minuten entscheiden über die Überlebenswahrscheinlichkeit.

Die Kosten eines Intensivaufenthalts (2’000–3’000 CHF pro Tag) wären mit höherem Risiko ungleich höher gewesen.

Beispiel 2: Bewusstlose Seniorin mit Polypharmazie

Eine 78-jährige Frau kollabiert im Treppenhaus. Sie ist bewusstlos, trägt jedoch einen physischen Notfallpass. Dieser enthält:

• 12 Medikamente (u. a. blutverdünnend)
• Diagnose: Vorhofflimmern
• Implantierter Herzschrittmacher
• Kontakt Arzt + Tochter

Rettungsdienste erkennen sofort, dass keine Blutverdünner in der Notfallspritze verabreicht werden dürfen, weil sie bereits Marcoumar nimmt.
Sie wird richtig behandelt und ohne Komplikationen ins Spital gebracht.

Ohne Pass hätte ein falsches Medikament lebensbedrohliche innere Blutungen verursachen können.

Dieses Beispiel zeigt, wie der Notfallpass medizinische Risiken minimiert und enorme Kosten spart.

Analoge vs. digitale Notfallpässe

Analoge Pässe

• leicht mitzuführen
• keine Batterien, kein Passwort
• ideal für ältere Menschen

Digitale Pässe

• mehr Speicherplatz für Daten
• leicht aktualisierbar
• Zugriff über Smartphone
• Verknüpfbar mit elektronischem Patientendossier (EPD)

Wichtig:
Digitale Pässe sollten offline zugänglich sein, falls das Smartphone gesperrt oder defekt ist.

Bedeutung des Notfallpasses im Gesundheitssystem

Der Notfallpass verbessert:

• Diagnosegeschwindigkeit
• Behandlungssicherheit
• Risikominimierung
• Therapieverlauf
• Kostenkontrolle

Er entlastet Rettungsdienste und Spitäler, weil weniger Fehlinformationen entstehen.

Häufige Missverständnisse

• „Ich bin jung, ich brauche das nicht.“ → Falsch: Unfälle betreffen alle Altersgruppen.

• „Rettungsdienste sehen den Pass nicht.“ → Sie suchen aktiv danach.

• „Digitale Pässe funktionieren nur mit Internet.“ → Viele funktionieren offline.

• „Blutgruppe muss drinstehen.“ → Wichtig, aber nicht zwingend.

• „Der Pass ersetzt die Patientenverfügung.“ → Nein, er ergänzt sie.

Fazit

Der Notfallpass ist ein einfaches, aber hochwirksames Instrument, um im Ernstfall Leben zu retten und schwere Komplikationen zu verhindern. Er gewährleistet, dass Rettungsdienste sofort über lebenswichtige Informationen verfügen und korrekt handeln können. Besonders Menschen mit chronischen Erkrankungen, Allergien oder mehreren Medikamenten profitieren erheblich. In einer Zeit zunehmender Mobilität und Komplexität im Gesundheitswesen ist der Notfallpass ein unverzichtbarer Begleiter für alle Sicherheitsbewussten.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizer Notfallmedizin-Statistik, 2023
• [2] Rettungsdienstanalyse Schweiz, 2022
• [3] Sicherheitsstudie Notfallversorgung, 2021
• [4] Medikamentenreport Schweiz, 2022
• [5] Patientensicherheitsbericht, 2023