Langzeitpflegeversicherung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Langzeitpflegeversicherung deckt Kosten im Alter oder bei Krankheit

• Schweiz hat keine obligatorische Pflegeversicherung

• Ergänzt Leistungen von Krankenkasse, AHV/IV und EL

• Sinnvoll bei hohem Pflegebedarf oder geringem Vermögen

• Prämien abhängig von Eintrittsalter und Gesundheitszustand

• Besonders relevant für Heimeintritt oder 24h-Betreuung

• Leistungsumfang je nach Anbieter stark unterschiedlich

Zahlen & Fakten

1. Jährliche Pflegekosten in der Schweiz über CHF 20 Mrd. [1]
2. Durchschnittliche Heimkosten liegen bei CHF 8’000–10’500 pro Monat [2]
3. Krankenkasse übernimmt nur CHF 9–108 pro Tag gemäss Pflegebedarf [3]
4. Rund 45 % der pflegebedürftigen Personen benötigen Ergänzungsleistungen [4]
5. Private Pflegezusatzversicherungen kosten CHF 25–180 pro Monat [5]
6. Etwa 70 % der Pflegekosten tragen Betroffene und Angehörige selbst [6]
7. Pflegebedürftigkeit steigt ab 80 Jahren stark auf über 25 % an [7]

Wie funktioniert eine Langzeitpflegeversicherung und wie werden Leistungen berechnet?

Da die Grundversicherung nach KVG nur einen kleinen Teil der Pflegekosten übernimmt, müssen Betroffene oft grosse Beträge selbst bezahlen. Eine Langzeitpflegeversicherung deckt genau diese Lücke. Der Leistungsumfang richtet sich nach dem vereinbarten Modell: Pauschalleistungen pro Tag, pro Monat oder pro Pflegegrad.
Beispiel einer Berechnung: Eine Versicherung zahlt im Pflegefall CHF 80 pro Tag.

Jahresleistung: CHF 80 × 365 = CHF 29’200.
Liegt die effektive Heimrechnung bei CHF 9’500 pro Monat, übernimmt die OKP je nach Pflegegrad nur 20–25 % der Pflegekosten. Der Rest setzt sich aus Eigenanteilen, Hotellerie und Betreuung zusammen. Eine Langzeitpflegeversicherung mindert damit die finanzielle Belastung erheblich.

Die Prämien richten sich nach Eintrittsalter, Gesundheitszustand und gewünschtem Deckungsniveau. Je früher der Abschluss, desto günstiger. Beispiel:
Person A (Eintritt mit 35): Prämie CHF 32/Monat
Person B (Eintritt mit 60): Prämie CHF 110/Monat
Dies ergibt sich aus dem höheren Risiko, im Alter pflegebedürftig zu werden.

Praxisbeispiele aus dem Alltag

Beispiel 1: Pflegeheimaufenthalt einer 82-jährigen Frau

Eine 82-jährige Frau muss dauerhaft in ein Pflegeheim eintreten. Monatliche Gesamtkosten: CHF 9’200.

Davon übernimmt die Krankenkasse für Pflegeleistungen je nach Stufe nur CHF 64 pro Tag → CHF 64 × 30 = CHF 1’920.
Eigenleistung: CHF 9’200 – CHF 1’920 = CHF 7’280.
Ihre Rente aus AHV und Pensionskasse beträgt zusammen CHF 3’900.
Fehlbetrag: CHF 7’280 – CHF 3’900 = CHF 3’380 monatlich.
Hat sie eine Langzeitpflegeversicherung, die CHF 100 pro Tag bezahlt, reduziert sich der Fehlbetrag:
CHF 100 × 30 = CHF 3’000 → Neuer Eigenbetrag: CHF 380.
Dieses Beispiel zeigt, wie stark Pflegekosten die finanzielle Situation belasten können und wie eine Zusatzversicherung diese Lücke schliesst.

Beispiel 2: Ambulante Langzeitpflege bei einem 74-jährigen Mann

Ein 74-jähriger Mann lebt zu Hause, benötigt jedoch täglich Pflege (Stufe 4).

Pflegekosten ambulant: ca. CHF 200 pro Tag → CHF 6’000 pro Monat.
OKP deckt CHF 108 pro Tag → CHF 3’240 pro Monat.
Eigenbetrag: CHF 6’000 – CHF 3’240 = CHF 2’760.
Hat er eine Versicherung, die pauschal CHF 60 pro Tag übernimmt, ergibt sich:
CHF 60 × 30 = CHF 1’800 → Restkosten: CHF 960.
Dieses Beispiel zeigt, dass nicht nur Heimeintritt, sondern auch häusliche Pflege erhebliche finanzielle Mittel erfordert.

Welche Kosten übernimmt die obligatorische Krankenversicherung?

Die KVG-Grundversicherung zahlt nur einen Teil der anerkannten Pflegekosten. Diese sind bundesrechtlich festgelegt und variieren nach Pflegebedarf:

• Stufe 1: CHF 9 pro Tag
• Stufe 12: CHF 108 pro Tag

Diese Beträge decken jedoch nicht Unterkunft, Verpflegung oder Betreuung ab. Ebenso wenig übernimmt die Grundversicherung Kosten für nichtmedizinische Leistungen, etwa Alltagsbegleitung, Haushaltsdienste oder Demenzbetreuung.

Die Finanzierung der Restkosten erfolgt durch die Betroffenen selbst, Angehörige oder Ergänzungsleistungen (EL), sofern Anspruch besteht. Die Berechnung der EL basiert darauf, ob anerkennungsfähige Ausgaben (z. B. Pflegekosten) höher sind als die Einnahmen (Renten, Vermögenserträge).

Bedeutung der Langzeitpflegeversicherung für die Schweizer Gesellschaft

Mit der demografischen Entwicklung steigt die Pflegebedürftigkeit an. Die Schweiz gehört zu den Ländern mit hoher Lebenserwartung – gleichzeitig steigt der Anteil hochbetagter Menschen stark an.

Ohne ausreichende Vorsorge tragen Familien enorme finanzielle Belastungen. Viele müssen Ersparnisse aufbrauchen oder Sozialleistungen beantragen. Eine private Langzeitpflegeversicherung entlastet Angehörige und sichert eine hochwertige Pflege.
Gesellschaftlich bedeutet dies:

• weniger Abhängigkeit von EL
• stabilere Finanzierung des Pflegesektors
• weniger familiäre Überlastung
• bessere Planbarkeit für Pflegeinstitutionen

Die Versicherung wirkt damit als sozial stabilisierender Faktor.

Unterschied zwischen Pflegeversicherung, Pflegezusatz und Ergänzungsleistungen

Da die Schweiz keine gesetzliche Pflegeversicherung kennt, müssen Bürgerinnen und Bürger verschiedene Systeme kombinieren:

• KVG-Pflegeleistungen decken medizinische Pflegekosten teilweise.
• Langzeitpflegezusatzversicherungen decken restliche Pflegekosten.
• Ergänzungsleistungen (EL) unterstützen Personen mit geringer AHV/IV-Rente.

EL berechnet sich auf Grundlage von Einkommen und anerkannten Ausgaben. 

Beispiel:
Jährliches Einkommen (AHV + Rente): CHF 30’000
Pflegekosten anerkannt: CHF 65’000
Anspruch: 65’000 – 30’000 = CHF 35’000 EL pro Jahr.
EL kommen jedoch erst zum Tragen, wenn Vermögen und Einkommen bestimmte Grenzen nicht überschreiten.

Typische Herausforderungen und Fehler bei der Langzeitpflegeversicherung

Häufige Probleme entstehen durch:

• zu späten Abschluss (Prämien zu hoch)
• mangelnde Kenntnis über tatsächliche Pflegekosten
• falsche Annahme, die Krankenkasse decke alle Pflegekosten
• unklare Leistungsdefinitionen in Policen
• fehlende Koordination mit EL oder Vorsorgeplanung

Viele vergessen, dass lange Pflegeverläufe 100’000–300’000 Franken kosten können. Eine frühzeitige Beratung ist deshalb entscheidend.

Digitalisierung und technische Hilfsmittel in der Langzeitpflege

Digitale Systeme verbessern Betreuung und ermöglichen längeres Wohnen zu Hause:

• Notrufsysteme
• Sturzsensoren
• Telemedizin
• digitale Pflegeplanung

Diese Leistungen sind oft nicht vollständig durch KVG gedeckt, werden aber teilweise durch Pflegeversicherungen oder Zusatzmodelle finanziert. Sie reduzieren Heimaufenthalte und verbessern Lebensqualität.

Fazit

Die Langzeitpflegeversicherung gewinnt angesichts der demografischen Entwicklung stark an Bedeutung. Da die Grundversicherung nur einen Bruchteil der Pflegekosten übernimmt, schützt eine solche Police vor erheblichen finanziellen Risiken. Sie unterstützt Selbstbestimmung im Alter, entlastet Angehörige und stabilisiert das Gesundheits- und Pflegesystem. Wer früh vorsorgt und Leistungsmodelle sorgfältig vergleicht, sichert sich langfristig finanzielle und pflegerische Sicherheit.

Quellenverzeichnis

• [1] BFS – Pflegefinanzierungsstatistik Schweiz
• [2] Curaviva – Heimkostenübersicht
• [3] KVG – Pflegeleistungsverordnung
• [4] BSV – Ergänzungsleistungsstatistik
• [5] Versicherungsverband SVV – Zusatzversicherungsmarkt
• [6] BAG – Kostenentwicklung Langzeitpflege
• [7] BFS – Demografische Alterungsprognosen