Krankenpflege: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• professionelle Pflege durch qualifizierte Fachpersonen

• umfasst Behandlungspflege, Grundpflege und Beratung

• wird im Spital, zu Hause (Spitex) oder im Pflegeheim erbracht

• KVG übernimmt viele medizinische Pflegeleistungen

• wichtig für chronisch Kranke, ältere Menschen und Reha

• eng verknüpft mit Ärzten, Therapeuten und Sozialdiensten

• zentrales Element der Gesundheitsversorgung in der Schweiz

Zahlen & Fakten

1. In der Schweiz arbeiten über 220’000 Pflegefachpersonen, davon ca. 40 % im Spital [1].
2. Rund 1,8 Millionen Menschen erhalten pro Jahr pflegerische Leistungen [2].
3. Die Spitex betreut jährlich über 430’000 Patientinnen und Patienten [3].
4. Pflegekosten machen etwa 16 % der gesamten Gesundheitskosten aus – rund 12 Milliarden CHF [4].
5. Etwa 70 % der Pflegebedürftigen sind über 65 Jahre alt [2].
6. Die Nachfrage nach Krankenpflege wächst jährlich um 3–4 %, wegen der alternden Bevölkerung [3].
7. Über 35 % der Spitex-Leistungen werden als KVG-pflichtige Behandlungspflege abgerechnet [4].

Welche Aufgaben gehören zur Krankenpflege?

Die Krankenpflege ist ein umfassender Bereich und lässt sich in mehrere Kategorien gliedern:

1. Behandlungspflege (KVG-pflichtig)

Medizinisch notwendige Leistungen wie:

• Medikamentenverabreichung
• Wundversorgung
• Blutzucker- und Blutdruckkontrolle
• Injektionen
• Infusionstherapie
• Schmerzmanagement
• Überwachung des Gesundheitszustands

Diese Leistungen werden ärztlich verordnet und von der Grundversicherung übernommen.

2. Grundpflege

Unterstützung im Alltag:

• Körperpflege
• Mobilisation
• Hilfe beim Essen
• Ankleiden
• Toilettengang

Grundpflege wird teilweise von der KVG, der Rest von Patient oder Gemeinde finanziert.

3. Psychosoziale Betreuung

• Gespräche
• Angehörigenberatung
• Krisenintervention

4. Prävention & Gesundheitsförderung

• Sturzprävention
• Medikamententraining
• Ernährungsberatung

Krankenpflege arbeitet immer interdisziplinär – oft mit Ärzten, Physio- und Ergotherapeuten, Sozialdiensten und Angehörigen.

Wie die Kosten in der Krankenpflege berechnet werden

KVG-pflichtige Leistungen werden über sogenannte Pflegeleistungen nach Art. 7 KLV (Krankenpflege-Leistungsverordnung) abgerechnet.

Tarifstruktur

Es gibt drei Tarifgruppen:

• B1: Abklärung + Beratung
• B2: Behandlungspflege
• B3: Grundpflege

Beispiel Tarife:

• B1: ca. 76 CHF/Std.
• B2: ca. 63 CHF/Std.
• B3: ca. 52 CHF/Std.

Kostenverteilung

1. Krankenkasse (KVG) → übernimmt fix definierte Beiträge
2. Patient → zahlt Kostenbeteiligung (max. 20 % der Restkosten)
3. Gemeinde/Kanton → übernimmt Rest je nach Kanton

Beispielrechnung Spitex

1 Stunde Behandlungspflege: 63 CHF
KVG-Beitrag z. B.: 52.60 CHF
Eigenanteil Patient: 20 % von Restkosten = 20 % von 10.40 = 2.08 CHF
Gemeinde: übernimmt verbleibende 8.32 CHF

→ Patient zahlt nur 2.08 CHF für eine Stunde professionelle Pflege.

Praxisbeispiele

Beispiel 1: Chronische Wunde – tägliche Spitex-Pflege

Eine 67-jährige Frau leidet an einem diabetischen Fusssyndrom. Der Arzt verordnet tägliche Wundpflege.

Leistungen:

• Reinigung
• Verbandwechsel
• Wunddokumentation
  Dauer: 45 Minuten (≈ 0.75 h)

Kosten:
0.75 h × 63 CHF = 47.25 CHF
KVG-Beitrag: 52.60 CHF (deckt mehr als nötig)
→ Patientenzahlung: nur 0 CHF (KVG übernimmt Mehranteil bis Maximalwert)

Ohne KVG-Pflegeleistungen wären die Kosten pro Monat:
47.25 × 30 Tage = 1’417.50 CHF
Durch die KVG zahlen Patientinnen praktisch nichts.
Dieses Beispiel zeigt, wie essenziell Krankenpflege für chronisch Kranke ist.

Beispiel 2: Mobilisation nach Hüft-OP – Spitex-Einsatz zuhause

Ein 75-jähriger Mann kehrt nach Hüftoperation nach Hause zurück.
Er benötigt Hilfe beim Aufstehen, Anziehen und Bewegung.

Leistungen:

• Grundpflege: 30 min
• Mobilisation: 20 min
  Total: 50 min

Kosten:
50/60 × 52 CHF (Grundpflege) ≈ 43.33 CHF
KVG-Beitrag: 36.50 CHF
Eigenanteil Patient: 20 % der Restkosten = 1.37 CHF
Gemeindeanteil: Restbetrag = 5.46 CHF

Total für Patienten: 1.37 CHF

Ohne Krankenpflege müsste er entweder privat 43 CHF bezahlen oder ins Heim.
Dieses Beispiel zeigt, wie Krankenpflege Autonomie und Wohnsituation stabilisiert.

Bedeutung der Krankenpflege für das Gesundheitssystem

1. Sicherung der Grundversorgung

Krankenpflege entlastet Spitäler und ermöglicht ambulante Behandlung.

2. Verhinderung von Hospitalisationen

Durch regelmässige Pflege werden Komplikationen früh erkannt.

3. Unterstützung bei chronischen Erkrankungen

Über 2 Millionen Menschen in der Schweiz leben mit chronischen Leiden.

4. Entlastung Angehöriger

Viele Menschen betreuen Eltern oder Partner – Pflege entlastet und unterstützt Familien.

5. Förderung der Selbstständigkeit

Ziel ist immer, Patienten möglichst unabhängig zu machen.

6. Kostenkontrolle

Ambulante Pflege ist günstiger als stationäre Unterbringung.

Zusätzlicher Abschnitt 1: Krankenpflege in der Spitex

Die Spitex ist ein zentraler Anbieter der Krankenpflege:

• Betreuung zuhause
• Arzneimittelmanagement
• Pflegeplanung
• 24-h-Rufbereitschaft in einigen Regionen
• Palliative Care
• Anleitung von Angehörigen

Finanzielle Besonderheit

Gemeinden finanzieren einen wesentlichen Teil, weshalb kantonale Unterschiede bestehen.

Zusätzlicher Abschnitt 2: Krankenpflege in Pflegeheimen

Pflegeheime erbringen:

• medizinische Pflege
• Grundpflege
• soziale Betreuung
• Aktivierungstherapie
• Palliative Betreuung

Beispiel Kosten

Pflegekosten 150 CHF/Tag
KVG übernimmt 64 CHF/Tag
Eigenanteil Patient max. 20 % = 12.80 CHF/Tag
Rest trägt Gemeinde/Kanton.

Heimaufenthalte sind teuer, aber ohne professionelle Pflege nicht möglich.

Häufige Missverständnisse

• „Krankenpflege ist das Gleiche wie Grundpflege.“ → Behandlungspflege ist medizinisch anspruchsvoll.

• „Krankenkasse übernimmt alles.“ → Nur KVG-Anteil, Rest durch Patient/Gemeinde.

• „Spitex ist kostenlos.“ → Nein, aber sehr günstig.

• „Nur alte Menschen brauchen Krankenpflege.“ → Auch chronisch Kranke oder Verletzte.

• „Selbstzahlerleistungen sind selten.“ → Grundpflege oft teils selbst getragen.

Fazit

Die Krankenpflege ist ein unverzichtbarer Bestandteil der Schweizer Gesundheitsversorgung. Sie ermöglicht Menschen, trotz Krankheit oder Einschränkungen sicher, selbstbestimmt und würdevoll zu leben – zuhause, im Spital oder im Pflegeheim. Dank klarer Finanzierung über die KVG werden medizinisch notwendige Pflegeleistungen bezahlbar, während Gemeinden und Angehörige entlastet werden. In einer alternden Gesellschaft gewinnt die Krankenpflege ständig an Bedeutung und bildet die Basis einer humanen, modernen Gesundheitsversorgung.

Quellenverzeichnis

• [1] Pflegebericht Schweiz, 2023
• [2] Gesundheitsmonitor Schweiz, 2022
• [3] Spitex-Statistik Schweiz, 2023
• [4] Gesundheitskostenbericht Schweiz, 2022