Kollektiv Unfallversicherung: Was ist damit gemeint? (Definition, Erklärung)

Das Wichtigste in Kürze

• Versicherungsschutz für ganze Personengruppen

• Ergänzt Leistungen der obligatorischen UVG-Deckung

• Attraktiv für Unternehmen und Vereine

• Kann Kapital- und Taggeldleistungen erweitern

• Günstigere Prämien durch Gruppentarife

• Keine individuelle Gesundheitsprüfung notwendig

• Einheitliche Leistungsdefinition für alle Versicherten

Zahlen & Fakten

1. Rund 300 000 Unternehmen in der Schweiz nutzen Kollektivlösungen [1]
2. Gruppentarife senken Prämien im Schnitt um 10–30 %
3. Über 800 000 Freizeitunfälle jährlich in der Schweiz [4]
4. UVG-Lohnobergrenze: CHF 148 200 für versicherten Jahreslohn
5. Zusatzkapitalien liegen häufig zwischen CHF 20 000–300 000
6. Taggelder variieren typischerweise zwischen CHF 20–200 pro Tag
7. Kollektivverträge gelten meist für alle Mitarbeitenden, inkl. Teilzeitkräfte

Bedeutung der Kollektiv Unfallversicherung im Schweizer Versicherungssystem

Die Kollektiv Unfallversicherung spielt eine zentrale Rolle im Zusammenspiel mit der obligatorischen UVG-Deckung. Während das UVG sämtliche Berufsunfälle sowie – bei über acht Wochenstunden – Nichtberufsunfälle abdeckt, stösst es bei gewissen Bereichen an Grenzen. Beispielsweise sind Kapitalleistungen begrenzt, und bei Löhnen über der UVG-Grenze entsteht eine sogenannte Überverdienstlücke.

Hier setzt die Kollektiv Unfallversicherung an: Sie kann zusätzliche Leistungen wie höhere Invaliditätskapitalien, Todesfallkapital oder ergänzende Taggelder einschliessen. Zudem können Unternehmen Deckungen für bestimmte Tätigkeiten erweitern, etwa für häufig reiseintensive Berufe oder Mitarbeitende mit erhöhtem Gefährdungsprofil.

Für Arbeitgeber bietet die Kollektivlösung den Vorteil, dass Mitarbeitende besser geschützt sind, was die Arbeitgeberattraktivität erhöht. Gleichzeitig reduzieren Gruppentarife die Kosten – ein organisatorischer und wirtschaftlicher Vorteil. Versicherte profitieren davon, dass keine Gesundheitsprüfung nötig ist und alle die gleichen Leistungsansprüche haben.

Wie Prämien und Leistungen berechnet werden – Mechanismen der Kollektivversicherung

Prämien im Kollektivbereich werden nach mehreren Kriterien berechnet:

• Anzahl der Versicherten
• Durchschnittssalter der Gruppe
• Tätigkeitsrisiko (z. B. Büro vs. Baugewerbe)
• gewünschte Leistungsbausteine
• Höhe von Kapital- und Taggeldleistungen

Berechnungsbeispiel:
Ein Unternehmen mit 40 Mitarbeitenden wählt folgende Leistungen:

• Invaliditätskapital CHF 100 000
• Todesfallkapital CHF 50 000
• Taggeld CHF 80 pro Tag
• Risikosatz 1.1 % des UVG-versicherten Lohnes

Wenn der durchschnittliche Jahreslohn CHF 75 000 beträgt, ergibt dies:
75 000 × 1.1 % = CHF 825 pro Person pro Jahr
Für 40 Personen: 825 × 40 = CHF 33 000 Jahresprämie
Durch Gruppentarife kann dies z. B. um 15 % reduziert werden:
33 000 − 4950 = CHF 28 050 Gesamtkosten
Dieses Beispiel zeigt, wie Kosteneffizienz im Kollektivbereich entsteht.

Beispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Kollektivversicherung in einem Produktionsbetrieb

Ein Produktionsunternehmen mit 120 Mitarbeitenden verfügt über eine Kollektiv Unfallversicherung mit Invaliditätskapital von CHF 200 000.
Ein Mitarbeiter stürzt während eines Freizeitunfalls schwer und erleidet bleibende Einschränkungen mit einem Invaliditätsgrad von 40 %.

Berechnung:
Invaliditätskapital = 200 000 × 40 % = CHF 80 000

Da das UVG nur Rentenleistungen, aber kein hohes Kapital vorsieht, bildet die Kollektivlösung eine wichtige Ergänzung. Der Mitarbeiter erhält dadurch direkte finanzielle Unterstützung für Umbaumassnahmen, Mobilitätshilfen oder berufliche Neuorientierung. Das Unternehmen profitiert von einer nachhaltigen sozialen Absicherung für seine Mitarbeitenden.

Beispiel 2: Kollektivversicherung für ein Beratungsunternehmen mit vielen Geschäftsreisen

Ein Consultingunternehmen mit 45 Angestellten wählt eine Kollektiv Unfallversicherung mit weltweiter Deckung inklusive Reiseleistungen.
Eine Mitarbeiterin erleidet im Ausland einen schweren Unfall, was zu einem 30-tägigen Spitalaufenthalt führt. Behandlungskosten: CHF 28 000.
Leistungspaket:

• 100 % Kostendeckung im Ausland
• Taggeld CHF 120 pro Tag

Berechnung Taggeld:
30 × 120 = CHF 3600

Da die Kosten im Ausland weit über der Vergütung der KVG-Notfallregelung liegen, verhindert die Kollektivversicherung eine erhebliche Privatbelastung. Zusätzlich übernimmt sie die komplette Arztrechnung und den medizinischen Rücktransport. Dieses Beispiel zeigt den ausserordentlich hohen Nutzen für Unternehmen mit internationaler Tätigkeit.

Abgrenzung zur obligatorischen UVG-Versicherung und zur privaten Einzelunfallversicherung

Die UVG-Deckung ist gesetzlich obligatorisch und schützt Arbeitnehmende umfassend, jedoch mit klaren Begrenzungen. Die Kollektiv Unfallversicherung ist eine freiwillige Zusatzversicherung nach VVG, nicht zu verwechseln mit der Basisdeckung.

Unterschiede zur UVG:

• höhere Kapitalleistungen möglich
• Deckung über der Lohnobergrenze
• zusätzliche Leistungen wie Genesungsgelder oder Auslandabsicherung
• Zuschläge oder Zusatzbausteine individuell kombinierbar

Im Vergleich zur privaten Einzelunfallversicherung profitieren die Versicherten bei einer Kollektivlösung von tieferen Prämien, keiner Gesundheitsprüfung und einem einheitlichen Leistungsumfang – besonders wichtig für Mitarbeitende mit Vorschäden, die sonst kaum versicherbar wären.

Relevanz für Arbeitgeber, KMU und Vereine

Für KMU ist die Kollektiv Unfallversicherung besonders attraktiv, da sie zusätzliche Sicherheit für Mitarbeitende schafft und gleichzeitig kosteneffizient ist.

Für Grossunternehmen ermöglicht sie einheitliche, hochwertige Benefits und sorgt für ein professionelles Arbeitnehmerschutzsystem.

Auch Vereine – etwa Sportvereine – nutzen Kollektivlösungen, um Mitglieder bei Trainings und Wettkämpfen zu schützen.

Gleichzeitig nimmt die Versicherung Unternehmen administrative Arbeit ab, da Schadenmeldungen zentral abgewickelt werden. Sie stärkt zudem die Arbeitgebermarke, da zusätzliche Versicherungsleistungen von vielen Arbeitnehmenden als wertvolles Benefit geschätzt werden.

Fazit

Die Kollektiv Unfallversicherung ist ein wesentliches Element moderner Arbeitgeberleistungen in der Schweiz. Sie ergänzt die obligatorische UVG-Deckung gezielt, schafft finanzielle Sicherheit bei schweren Unfällen und bietet Unternehmen erhebliche Vorteile dank Gruppentarifen und administrativer Effizienz. Die Praxisbeispiele verdeutlichen, wie stark Kollektivlösungen Mitarbeitende entlasten und Risiken abfedern können – sowohl im In- als auch im Ausland. Für Arbeitgeber und Organisationen ist sie ein wirksames Instrument zur Förderung von Sicherheit, Gesundheit und sozialer Verantwortung.

Quellenverzeichnis

• [1] Schweizerischer Versicherungsverband SVV, 2022
• [2] KVG – Krankenversicherungsgesetz, 2023
• [3] VVG – Versicherungsvertragsgesetz, 2021
• [4] Schweizerische Unfallstatistik Suva, 2022